"Haus des Lebens". Der j�dische Friedhof
Seine Geschichte und Gestaltung.
"Zu den l�cherlichen Unwahrheiten, die Juden �ber sich verbreiten lassen, geh�rt ja die Rede vom Wandervolk der Juden. Lie�e man sie einmal in Ruhe, sie gingen nicht mehr vom Fleck. Wo die Gr�ber ihrer Vorfahren sind, da sp�ren sie ihre Wurzeln, da sind sie zu Hause." Arnold Zweig, 1936 |
1. Zeugnis einer Kultur
Die Juden, der j�discher Glaube, die j�dischen Gemeinden bildeten �ber Jahrtausende hinweg einen integralen Bestandteil der Kulturgeschichte, auch der europ�ischen. Ihr Status in der Geschichte schwankt von Jahrhundert zu Jahrhundert, sogar von Jahrzehnt zu Jahrzehnt: Geachtet, geduldet, vertrieben, ermordet und wieder zur�ckgeholt. Wenn es die Umst�nden erlaubten, leisteten sie ihren Beitrag zur kulturellen Entwicklung, zur Kultur- und zur Wirtschaftsgeschichte der Staaten, in der sie lebten. Vor allem aber entwickelten sie eine eigene religi�se und soziale Kultur.
So alt das Judentum ist, so alt sind auch Anfeindung und Vertreibung, so alt aber auch die noch heute geltenden Gesetze und Br�uche des j�dischen Lebens: Gesellschaftliche Spielregeln ebenso wie hygienische und kultische Vorschriften. Auf der Bibel fu�end sind es die Traditionen der biblischen und nachbiblischen Zeit, die das Judentum geformt haben. Aus m�ndlichen �berlieferungen wurden Schriften, vor allem der Talmud, der im 5. Jahrhundert nach Christi niedergeschrieben wurde.
Neben den wenigen Synagogen, die all die St�rme, Hetzkampagnen und schlie�lich auch die sogenannte "Reichskristallnacht" ebten.
Friedh�fe als Bestattungsorte einer j�dischen Gemeinde hat es in biblischer Zeit nicht gegeben. Sie entwickelten sich erst sp�ter. Dagegen existierten schon immer Familiengr�ber. Es gab stets das Bestreben, mit den V�tern bzw. den Vorfahren im Tode vereint zu sein. Als Bestattungsform ist seit �ltesten Zeiten die Erdbestattung �blich. Sie steht im direkten Zusammenhang mit dem Glauben an die k�rperlich aufgefa�te Auferstehung. Verbrennungen kamen nur in Pestzeiten vor. Selbst w�hrend der Phase der "Hochemanzipation" es bestehenden oder die Anlage eines eigenen Friedhofs.
Nach den Geboten der Halacha, der Sammlung von religi�sen Ge- und Verboten des Judentums, geh�rt jedem Toten der Boden auf ewig, in dem er begraben ist. Die Ehre der Toten, die wehrlos sind, ist ein religi�s-ethisches Gebot. Besch�ftigt man sich mit den Grundlagen des Judentums, so wird einem schnell deutlich, wie sehr jedes Antasten eines Grabes, jedes Handanlegen an Grabsteine oder Friedhofsanlagen die Juden als Sch�ndung, als St�ren der unantastbaren Totenruhe emp�ren mu�. Dabei ist es zun�chst gar nicht ausschlaggebend, ob dies ein Dummer-Jungen-Streich ist oder mehr. Ist es aber eine b�sartige Verw�stung, so mu� im Geiste jedes j�dischen B�rgers die Erinnerung an die ganze Geschichte seiner Vorfahren und nat�rlich vor allem an die Greueltaten des Naziregimes auferstehen. An diese so schmerzliche Zeit wird er aber auch erinnert, wenn er vor einem ungepflegten Friedhof steht; wird ihm dort doch bewu�t, da� es keine oder kaum Nachkommen der hier bestatteten Toten gibt, die die Einhaltung der Totenruhe ebenso gew�hrleisten wie die Pflege der Friedhofsanlage. Ein jeder der einen Friedhof betritt, sollte sich vergegenw�rtigen, da� der Ort, den er betritt, heiliger Boden ist. Von einem m�nnlichen Besucher wird daher erwartet, da� er, wie in der Synagoge, eine Kopfbedeckung tr�gt.
Auf sehr alten j�dischen Friedhofsanlagen, wie z.B. den Gr�bern im Kidrontal bei Jerusalem oder einzelnen Gr�bern auf dem alten Prager Judenfriedhof, aber auch bei heute noch genutzten Anlagen bestehender j�discher Gemeinden, wird die gesamte Fl�che des Grabes durch einen liegenden Grabstein gekennzeichnet, um den stark verunreinigten Raum abzugrenzen. Insbesondere gilt dies f�r die Priester (Kohanim), d.h. Nachkommen des Aaron, die besonders starken Reinheitsvorschriften unterworfen sind. Im Mittelalter zeigt sich, wohl auch durch die enge und bedr�ngte Situation der Judenst�dte bedingt, der Trend, Grabsteine wie auf christlichen Friedh�fen senkrecht zu stellen. Da Friedh�fe ebenfalls aufgrund des Platzmangels oft mehrmals belegt werden mu�ten, was aber wiederum aufgrund talmudischer Bestimmungen nur mit einer Zwischenschicht von ca. 1 m Erde m�glich war, ergibt sich dann das uns heutigen, nichtj�dischen Betrachtern meist seltsam anmutende wirre Bild j�discher Friedh�fe. Erst im 19. Jahrhundert, nach Emanzipation und S�kularisierung des Judentums in Mitteleuropa, finden wir Friedh�fe, die den zeitgleich entstandenen christlichen und kommunalen im wesentlichen entsprechen.
2. Die Ausbildung einer �ffentlichen Begr�bnisst�tte
Vor dem Entstehen von �ffentlichen Friedh�fen gab es bereits Familiengr�ber. Die Bestattungen fanden meist in H�hlen und unterirdischen Grotten statt. Manchmal wurden diese auch k�nstlich in die Felsen geschlagen. Die als Grabkammern dienenden H�hlen und Grotten waren oftmals in verschiedene R�ume eingeteilt, die Nischen f�r die Toten enthielten. Die Grabst�tten wurden einerseits waagerecht in mehreren Reihen �bereinander in die Felsen gehauen oder senkrecht in den Felsboden. Man unterscheidet demnach Schiebegr�ber von Senkgr�bern. Daneben gab es Bankgr�ber, bei denen die Toten auf bankartigen Erh�hungen zur Ruhe kamen. Die Nischen und Eing�nge zu den Grotten wurden durch Steine verschlossen, die durch einen steinernen Riegel gehalten wurden. Damit sollten Grabr�uber, aber auch Tiere ferngehalten werden; auch wollte man Ansteckungen durch Leichengifte ausschlie�en. Daneben spielte sicherlich auch die Angst vor Geister und D�monen eine Rolle.
Ein solches Familiengrab war jedoch eine teure Angelegenheit. Der Boden mu�te gekauft, die Grabkammern hergerichtet werden. Arme und Fremde konnten sich dies alles nicht leisten. Da es aber heilige Pflicht ist, die Toten zu begraben, mu� es schon fr�hzeitig �ffentliche Begr�bnispl�tze gegeben haben. Dies sind wahrscheinlich die "Gr�ber der S�hne des Volkes" die der Prophet Jeremia (26,23) erw�hnt. In Jerusalem gab es sie im Kidrontal (II K�nige 23,6). Daneben mu� es auch Grabst�tten f�r Hingerichtete gegeben haben, da sie nicht in Familiengruften begraben werden konnten (I K�nige 13,22; Jesaja 53,9). Diese "�ffentlichen" Begr�bnispl�tze sind die eigentlichen Vorl�ufer unserer j�dischen Friedh�fe.
Beeinflu�t durch das babylonische Exil entwickelten sich auch im Bestattungswesen bald neue Wege. Es gab die sehr alte Tradition, da� der Jude im heiligen Land seine letzte Ruhe finden sollte. Bis zum heutigen Tag ist es die traditionelle �berzeugung, da� man entweder auf seine alten Tage nach Erez Israel auswandert, um dort zu sterben, oder aber seine Gebeine dorthin �berf�hren l��t. Vielfach wird dem Toten stattdessen nur ein S�ckchen mit Erde aus Israel in den Sarg gelegt. Um die hohen �berf�hrungskosten zu senken und m�gliche Gef�hrdungen beim Transport einer Leiche auszuschlie�en, begrub man die Toten zun�chst am angestammten Wohnsitz. Nach der Verwesung der Leiche wurden die Gebeine ausgegraben, gereinigt und so nach Israel gebracht, um zur letzten Ruhe gebettet zu werden.
Mit der Zeit wurden auch diese �berf�hrungen in das Land Israel immer schwieriger, doch die Sehnsuch in heiliger Erde begraben zu werden blieb unver�ndert stark. Schlie�lich wu�te man sich zu helfen: Die Juden glaubten, da� die in der Diaspora gestorbenen k�nftig auf unterirdischen Wegen in das Land Israel kommen werden (Midrasch Tanchuma Wajechi 3). Gott schafft solche G�nge, um die in der Diaspora Weilenden nicht zu benachteiligen. Nun konnten auch au�erhalb des Gelobten Landes Friedh�fe angelegt werden.
Die �ltesten j�dischen Friedh�fe in Europa sind sicherlich die Katakombengr�ber in Italien. Sie f�hren aber in gewisser Weise die Tradition der H�hlengr�ber fort, auch wenn sie nicht als Familiengr�ber angelegt sind. Die erste j�dische Katakombe in Rom wurde bereits 1602 vor der Porta Portese am Monte Verde entdeckt, dann war sie versch�ttet und ist erst im 20. Jahrhundert wieder gefunden worden. Obwohl weitere Katakomben entdeckt wurden, ruhen wahrscheinlich noch viele unentdeckt unter der Erde.
Das j�dische Bestattungswesen im Mittelalter ist weitgehend unbekannt. Der Prager Friedhof stammt fr�hestens aus dem 9. Jahrhundert. In Mainz fand man Grabsteine eines vielleicht schon 1013 angelegten Friedhofs. In Speyer erhielten die Juden, die dort 1084 von Bischof R�diger Wohnrechte zugesprochen bekamen, vom Bischof auch einen Friedhof zur Verf�gung gestellt, der ihnen auf immer geh�ren sollte. Der Wormser Friedhof wurde 1076/77 errichtet, der �lteste Grabstein dort stammt aus dem Jahr 1113. Auch in Ulm gibt es einen Friedhof, der ins 13. Jahrhundert zur�ckgeht. Viele andere Friedh�fe aus dem Mittelalter sind verschwunden. Sie wurden Opfer der Pogrome, die immer wieder die j�dischen Gemeinden heimsuchten, wie z.B. w�hrend der Zeit der Kreuzz�ge und der Pestjahre zwischen 1345 und 1350. In diesen Jahren fielen auch die bereits bestehenden j�dischen Friedh�fe Westfalens der Zerst�rungswut anheim.
Als vom 16. und 17. Jahrhundert an viele Juden sich auch in den St�dten niederlassen konnten, entstanden dort neue Friedh�fe. Von ihnen sind einige noch heute erhalten.
Friedhofszerst�rungen und Vandalismus haben nicht nur im Mittelalter und zur Zeit des Nationalsozialismus die Gr�ber bedroht, sondern zu allen Zeiten bis zum heutigen Tag. Wenn es in fr�herer Zeit religi�se Motive waren, so gab es in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts bereits Vandalismus aus politischen Gr�nden. Daran hat sich bis heute nichts ge�ndert.
3. Der Friedhof hat in der j�dischen Tradition mehrere Namen
Zu den ersten Einrichtungen, die eine j�dische Gemeinde schaffen m�chte, geh�rt die Anlage eines Friedhofs; denn die w�rdige Bestattung und die dauerhafte Ruhe der Toten z�hlt seit biblischen Zeiten zu den geradezu selbstverst�ndlich gewordenen Geboten des menschlichen Zusammenlebens.
Die j�dische Kultur kennt f�r den Friedhof mehrere Namen: Der Ausdruck Beth ha qewaroth (angelehnt an Nehemia 2,3), das Haus der Gr�ber, leitet sich von "Kewer awot" w�rtlich Grabst�tte der Eltern, ab. Hier wird das Gef�hl wachgerufen, das �ber Generationen all jene ber�hrt hat, die - zur Auswanderung gezwungen - sich zum letzten Mal auf dem Friedhof versammelten, um von den Gr�bern, die sie zur�cklassen mu�ten, Abs"hied zu nehmen. Und zu den "Kewer awot Jahrzeit Hebr�isch/aram�isch hei�t der Friedhof Beth olam, das ewige Haus oder das Haus der Ewigkeit (angelehnt an Koheleth 12,8). Hiermit wird sowohl die Dauer der Ruhe als auch die Erwartung von Ewigkeit angedeutet. Der Ausdruck Beth ha chaijm, das Haus der Lebenden (angelehnt an Hiob 30,23: "Denn ich wei�, du wirst mich zum Tod gehen lassen, zum Haus, da alle Lebendigen zusammenkommen" vermeidet besch�nigend die Nennung des Todes und weist auf die Auferstehungs- und Lebenshoffnung hin. Der lebendige Gott ist "kein Gott der Toten" sondern vermag die Toten wieder zu beleben."Aus dem Jiddischen ist der Ausdruck "Getort" eine Abwandlung von "der gute Ort
Der Talmud erw�hnt �fter den Beth ha qewaroth, der den Charakter eines �ffentlichen Friedhofs hatte. Vermutlich gab es neben dieser verbreiteten Art des Friedhofs auch Einzel- und Familiengr�ber.
4. Der Friedhof im Lauf der Geschichte
Im Laufe der Geschichte durften Juden in der Diaspora keinen Grundbesitz innehaben bzw. erwerben, daher wurde der �ffentliche Friedhof der �bliche Bestattungsort. Der Erwerb von Boden f�r einen j�dischen Friedhof war immer mit Schwierigkeiten verbunden. Oft war es notwendig, daf�r lange zu k�mpfen. So besa�en viele j�dische Gemeinden keinen eigenen Friedhof und mu�ten ihre Toten bei benachbarten Gemeinden bestatten. Der Friedhof der Gemeinde Regensburg diente anf�nglich der gesamten Region Oberpfalz und Niederbayern - man kann sich die Dauer und die M�hen eines Transportes zur Beerdigung vorstellen. F�r die Rheinlande und Westfalen hatte der K�lner Friedhof vermutlich bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts die Funktion einer zentralen Begr�bnisst�tte.
Die zentrale Idee "Ruhen in Frieden" der Glaube an die Auferstehung und die daraus hergeleitete Notwendigkeit des ewigen Ruherechtes veranla�ten die j�dischen Gemeinden, das Friedhofsgel�nde f�r die Ewigkeit und nicht auf Zeit begrenzt zu erwerben. Deswegen konnte h�ufig nur unzug�ngliches"Gel�nde, das f�r eine anderweitige Nutzung nicht geeignet bzw. interessant schien, erworben werden.
Bei Notf�llen, wie der Enteignung des Friedhofsgel�ndes, wurden die Gebeine und die Grabsteine an eine andere Stelle �berf�hrt. Wo Friedh�fe verschwunden sind, geschah dies immer nur dann, wenn keine Gemeinde zur�ckgeblieben war.
Die �ltesten Friedh�fe Europas stammen aus dem Mittelalter und befinden sich in Prag, Worms, Mainz, K�ln und Ulm. Alle anderen mittelalterlichen Friedh�fe sind verschwunden; sie sind, wie so viele j�dischen Gemeinden, das Opfer der gegen die Juden gerichteten Verfolgung geworden.
Den mittelalterlichen Friedh�fen war gemeinsam, da� sie au�erhalb der Stadtmauern lagen, w�hrend sich die christlichen �berwiegend in unmittelbarer N�he der Kirchen befanden. Zum einen verlangte j�disches Recht die Anlage des Friedhofs au�erhalb der Mauern, zum anderen kam darin die seit Jahrhunderten, vor allem seit den Kreuzz�gen und den Pestjahren latent vorhandene Judenfeindschaft zum Ausdruck. Die Juden des Mittelalters mu�ten noch dankbar sein, wenn sie einen Begr�bnisplatz im Stadtgraben erhielten.
Wenn im Mittelalter eine Stadt die in ihren Mauern lebenden Juden vertrieb, weil sie nicht l�nger gebraucht wurden oder weil sie am wirtschaftlichen Niedergang schuldig schienen, verfiel ihr gesamter Besitz den St�dtern oder anderen sich darum streitenden Herren. Die H�user wurden konfisziert, die Synagogen abgerissen oder zu Kirchen umgewandelt. Die Friedh�fe ebnete man ein und verwendete die Grabsteine als Baumaterial. So bestehen noch heute manche B�rgerh�user der Regensburger Altstadt aus einigen jener 5000 Steine, die 1519 vom Friedhof entwendet wurden. Keine neunzig davon sind heute noch bekannt oder vorhanden. Auch aus anderen St�dten sind solche Vorkommnisse bekannt, wo, dank der Zweckentfremdung, mittelalterliche Grabsteine in die heutige Zeit gerettet werden konnten. So war ein Teil des mittelalterlichen K�lner Friedhofs in Schlo� Lechenich am Niederrhein verbaut, ein anderer Teil tr�gt den Turmhelm der Burg H�lcherath zwischen Neu� und Grevenbroich. Diese Steine sind der Forschung bis heute kaum zug�nglich.
Auch das �lteste noch erhaltene Grabsteinfragment Westfalens ist auf gleiche Art und Weise erhalten geblieben. Es ist auf den 25. Tamus 5084, d.i. der 18. Juli 1324 datiert. Bei Bauarbeiten im unteren Teil des Kirchturms der Lambertikirche in M�nster fand man 1887 einige Steine, die als j�dische Grabsteine identifiziert wurden. Sie stammten vom ersten j�dischen Friedhof. Die j�dische Gemeinde von M�nster und auch ihr Friedhof fielen den gro�en Pogromen in der Zeit des "Schwarzen Todes" der Pest, um 1350 zum Opfer. Die in der Lambertikirche gefundenen Steine wurden sp�ter im Landesmuseum f�r Kunst und Kultur aufbewahrt, wo w�hrend des Zweiten Weltkriegs fast alle Steine bei Bombenangriffen zerst�rt wurden. Ein einziges Fragment ist erh�lten geblieben und steht seit vielen Jahren auf dem um 1811 angelegten neuen j�dischen Friedhof.
Das 20. Jahrhundert brachte mit der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten die totale Entrechtung, Verjagung, Deportation und Ermordung der deutschen und meisten mitteleurop�ischen Juden. Mit bisher nicht gekannter Radikalit�t und Totalit�t wurden die Menschen beraubt und ermordet. Die Friedh�fe blieben zun�chst vielfach unbehelligt. Erst als die Menschen "abgewandert worden waren" wie es manchmal hie�, traten die Friedh�fe in den Blick der Verwaltungen und drohten eingeebnet zu werden. H�tte das NS-Regime nur einige Jahre l�nger bestanden, g�be es heute wahrscheinlich keine j�dischen Friedh�fe mehr. So sind zwar viele Friedh�fe der nationalsozialistischen Zerst�rungswut zum Opfer gefallen, kaum ein Friedhof ist g�nzlich unangetastet geblieben, doch Sch�ndungen gab es hundertfach vor 1933 und gibt es hundertfach seit 1945. Anders als im Mittelalter haben immerhin nach Sch�tzungen ca. 1600 Friedh�fe, mehr oder weniger stark besch�digt, jene Jahre �berstanden.
Seit Mitte der f�nfziger Jahre werden die j�dischen Friedh�fe nun offiziell gesch�tzt. Ihre Pflege durch Kommunen und L�nder ist gesetzlich geregelt. Doch zuweilen n�tzt auch dieser Schutz nichts, wenn die Pflege zu "gut etliche und gut arrangierte Aufstellung. Die meisten Friedh�fe zeigen uns daher nicht mehr ihren urspr�nglichen Zustand. Auch tragen viele Steine Inschriftenplatten, die bei der Wiederherstellung als Ersatz f�r zerst�rte angebracht wurden, mit z.T. anonymen Inschriften (wie "Hier ruht ein j�discher Mensch"."
Inzwischen werden viele Friedh�fe nicht mehr als unangenehme Erinnerung, als "Altlast die Friedh�fe auch heute noch ihre Funktion. Sie sind die Ruhest�tten der Toten. Sie sind "lebendige am Ende der Tage
Vor der Vernichtung des j�dischen Lebens durch die Nationalsozialisten gab es vielfach getrennte Friedh�fe f�r die einzelnen Str�mungen im Judentum: f�r Orthodoxe oder f�r Liberale. Die wenigen �berlebenden des Dritten Reichs fanden sich nach 1945 ungeachtet ihres religi�sen Standorts zusammen und bildeten, wegen ihrer geringen Zahl, sogenannte Einheitsgemeinden. Entsprechend werden die heutigen Friedh�fe von allen religi�sen Richtungen genutzt.
5. Die �u�ere Gestaltung des Friedhofs
Dem Betrachter bietet sich auf den �lteren, vor der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Friedh�fen das unverkennbare Bild unregelm��ig-regelm��iger Reihen von sich zu allen Seiten hinneigenden Grabsteinen. Da die �lteren keine Sockel haben, versinken sie allm�hlich in der Erde. Ihre Formen leiten sich meist von nur wenigen Grundmustern ab, wobei die Steine immer h�her als breit sind.
Auf den christlichen resp. nichtj�dischen Besucher wirken j�dische Friedh�fe, sofern sie noch in Gebrauch sind, oft sehr ungepflegt. Da der Friedhof die Verg�nglichkeit des Menschen symbolisieren soll, l��t man der Natur freien Lauf. Die vielen aufgegebenen Friedh�fe werden heute meist von den kommunalen Verwaltungen gepflegt. Sie sind der Einfachheit wegen mit Rasen einges�t. Die j�dische Vorstellung weicht von der hierzulande �blichen Vorstellung �ber Grabpflege ab. So wird man selten Blumenschmuck finden. Das einzelne Grab und der Friedhof wird vielmehr als Teil der Landschaft, allerdings als durchaus gepflegter Teil empfunden. Zur Abwehr m�glicher St�rungen der Totenruhe mu� der Friedhof umschlossen, das Tor abschlie�bar sein. Die Schlie�ung des Friedhofs am Schabbat und an Feiertagen ist religi�ses Gebot, da diese Tage der Freude und nicht der Trauer verpflichtet sind.
Der Friedhof mu�, damit er eine w�rdige St�tte der Toten darstellt, in seiner Gesamtheit gepflegt werden. Mauern oder Z�une, Tore, Wege und Einfassungen m�ssen unterhalten, Hecken und B�ume k�nnen gestutzt werden. Als religi�se Grundvorstellung ist beachtenswert, da� es den Lebenden untersagt ist, einen irgendwie gearteten Nutzen aus dem Grabbereich bzw. dem gesamten Friedhof zu gewinnen. Daher d�rfen auf einem Friedhof gef�llte B�ume nicht kommerziell verwendet werden; es werden lediglich abgestorbene B�ume entfernt.
Eine weitere biblische Vorschrift ist, da� der Gerechte nicht neben dem S�nder begraben werden darf ("Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei �belt�tern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist" Jesaja 53,9. "Die holten ihn aus �gypten und brachten ihn zum K�nig Jojakim. Der lie� ihn mit dem Schwert t�ten und lie� seinen Leichnam unter dem niederen Volk begraben" Jeremia 26,23). Man findet daher auf einigen Friedh�fen Ehrenreihen f�r bedeutende Pers�nlichkeiten eingerichtet, so z.B. auf dem Friedhof Berlin-Wei�ensee. Auch schon der altehrw�rdige Friedhof in Worms hat eine eigene Rabbinerabteilung. Andererseits w"rden Kriminelle und Selbstm�rder oft an der Mauer beigesetzt, wo sie keinen st�ren konnten. Diese Praxis ist �brigens auch von den christlichen Friedh�fen bekannt. Bei Selbstm�rdern entscheiden heute viele Rabbiner erleichternd, indem sie den Suizid als Folge einer unverschuldeten psychischen Erkrankung ansehen. Der Tote und die Angeh�rigen sollten f�r diese Erkrankung nicht bestraft werden.
Nach uralten Vorstellungen, die schon vorbiblisch sein m�ssen, verunreinigen sich die Lebenden bei der Ber�hrung von und im Umgang mit Toten. Vor allem f�r die Priester, die Kohanim, und deren Angeh�rige gelten hier besonders strenge Reinigungsvorschriften. Sie d�rfen keinen Leichnam ber�hren und sich nur mit den Toten aus der engsten Verwandtschaft befassen. Daher werden Priester oft am Eingang begraben, um den Angeh�rigen die M�glichkeit zu geben, das Grab zu besuchen, ohne mit den anderen Gr�bern in Ber�hrung zu kommen.
Die Toten werden in Reihen begraben. Es gibt aber keine �berall g�ltige Tradition, in welcher Richtung der Tote zu begraben ist. Fast jeder Friedhof hatte ein eigenes kleines Geb�ude f�r die Waschung der Toten. Das Bed�rfnis, Verwandte und Verheiratete zusammenzubetten ist nicht neu. Es besteht l�nger als der seit der fr�hen Neuzeit bekannte Brauch, die Toten weniger nach der zeitlichen Abfolge der Todesdaten, sondern eher gem�� ihrer eigenen famili�ren Zusammengeh�rigkeit zu beerdigen. Doch lassen sich hier kaum feste Regeln allerorten finden.
Auch das Verh�ltnis der Juden zur bildenden Kunst wird auf den Friedh�fen deutlich. Vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts haben sich die Merkmale der Grabsteingestaltung nur geringf�gig ver�ndert. Die zu Beginn des Jahrhunderts einsetzenden politischen Zeitstr�mungen - Emanzipation und Assimilation - wandelten auch das Selbstverst�ndnis des Judentums und f�hrten aus der Jahrhunderte langen Isolation heraus. Die alte j�dische Friedhofskunst wurde vor allem in st�dtisch gepr�gten Gemeinden durch Tendenzen aus dem Bereich der bildenden Kunst und durch das Selbstdarstellungsbed�rfnis der b�rgerlichen Schichten nahezu v�llig verdr�ngt. Im 19. Jahrhundert will man, und das gilt gleicherma�en f�r die christliche Gesellschaft, die Erfolge seines Lebens auch nach dem Tode zur Schau stellen. Wenn es nicht mehr auf ein ewiges Leben ankommt, bedarf es des Grabsteins zur Fixierung des vergangenen Lebens. Nach einem �bertriebenen Repr�sentationsbed�rfnis kehrt nach einigen Jahrzehnten wieder Ruhe und Ausgeglichenheit in die formale Gestaltung ein.
Die lange als Grabstein vorherrschend gewesene sogenannte sumerische Stele, ein aufrecht stehender, rechteckig behauender Stein mit halbkreisf�rmigem oberen Abschlu�, geriet besonders dort, wo sich liberal-religi�se Auffassungen entwickeln konnten, zunehmend in Vergessenheit. An ihre Stelle traten Grabdenkm�ler, die durch die nichtj�dische b�rgerliche Umwelt gepr�gt, ganz in Einklang standen mit dem jeweiligen Zeitgeschmack.
Auch bei den f�r die Herstellung von Grabm�lern �blichen Materialien ergaben sich Ver�nderungen. Hatte man bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ausschlie�lich Sandsteine verschiedener Qualit�ten verwendet, wurden ab dieser Zeit auch andere Steine verarbeitet, darunter haupts�chlich polierter Granit zur Herstellung von Obelisken und S�ulen sowie Marmor, h�ufig als kleine beschriftete Tafeln in die Grabsteine eingelassen; aber auch sogenannte Kunststeine, z.B. Beton und Zementgu�, fanden Verwendung.
W�hrend die bildliche Darstellung des Toten auf seinem Grabe eine lange Tradition in der europ�ischen Bestattungskultur hat, gilt f�r die Grabm�ler der Juden das im Dekalog ausgesprochene Verbot, die menschliche Gestalt abzubilden. Die christlichen Denkm�ler im 19. und fr�hen 20. Jahrhundert sind in vielf�ltiger Weise mit einem zum Teil recht aufwendigen Skulpturenschmuck ausgestattet: Da gibt es Allegorien, Portraits des Verstorbenen, Christusfiguren und Scharen von Engeln und Heiligen. Im Zuge der Assimilierung wird sich auch auf j�dischen Friedh�fen vereinzelt �ber dieses Verbot hinweggesetzt, allerdings nur in verschwindend geringer Zahl. Neben den Abbildungen der Verstorbenen finden sich hier und da Reliefs mit Motiven der Antike (Abschiedsmotive), aber auch fig�rliche Skuplturen. Eine interessante Besonderheit weist der Friedhof Berlin-Weissensee auf. An einzelnen Gr�bern finden sich plastische, emaillierte oder fotographische Bildnisse des Verstorbenen. Als Konzession an das traditionelle Bildverbot waren die meisten Portraits mit einem Deckel verschlossen, dessen Scharniere noch erkennbar sind. Wahrscheinlich wurde der Verschlu� nur vor�bergehend bei den Grabbesuchen von Verwandten und Freunden ge�ffnet.
Ein spezifisch j�discher Brauch, der sich bis heute auf allen j�dischen Friedh�fen beobachten l��t, ist die Ehrung des Toten durch ein vom Besucher auf den Grabstein abgelegtes Steinchen. Noch immer fehlt eine belegbare Herleitung dieser Gewohnheit, die jedenfalls nicht in den �ber 600 Geboten und Verhaltensregeln der j�dischen �berlieferung enthalten ist und auch nicht in der Bibel angesprochen wird. Zur Erkl�rung wird einmal auf die Bestattungspraktiken von W�stenv�lkern verwiesen, die Steine auf die Gr�ber legten, um sie so vor dem Zugriff von wilden Tieren, Geiern oder Schakalen zu sch�tzen. Jeder, der an einem solchen Grab entlang kam, legte einige Steine zum Schutz hinzu. Vielleicht handelt es sich auch um einen Brauch, der sich aus der j�dischen Tradition einer m�glichst schlichten Bestattung ableitet. Eine weitere Erkl�rung ist, da� die einfachen j�dischen Gr�ber in biblischer Zeit aus einzelnen aufeinandergeschichteten Steinen bestanden, bei deren Zusammenstellung Freunde und Verwandte des Verstorbenen mithalfen.
6. Die Grabsteine
Die �ltesten erhaltenen Grabsteine waren nur mit hebr�ischen Zeichen versehen, die den Namen und das Datum der Errichtung �berliefern. Zus�tzliche Symbole kamen in der Barockzeit auf, als die Grabsteine reicher und aufwendiger wurden.
Die fr�hesten erhaltenen Grabsteine stammen aus dem 12. Jahrhundert. Sie pr�sentiern sich in der Form eines Rechtecks, gelegentlich mediterraner Tradition folgend, mit leicht angedeuteter Dachaufsattelung der Oberseite, mit einem unter Belassung eines Rahmenbandes vertieften Schriftfeld, in das die hebr�ische Schrift wiederum vertieft eingeschlagen war. In seltenen F�llen gen�gte eine Steinritzung zur Markierung des Rahmens. Die Grabsteine zeigen also eine �u�erst knappe, kunstlose Ausformung. Das vertiefte Schriftfeld erscheint gelegentlich schon im 12. Jahrhundert nach oben abgerundet, wenig sp�ter in der Form eines Halbkreises.
Die obere halbrunde Rahmung des Schriftfeldes wird zur oberen halbrunden Form des Steines entwickelt. Dieser Typus bleibt f�r alle folgenden Zeiten erhalten, zumindest aber bis ins 19. Jahrhundert. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird der rundbogige Abschlu� im Ansatz symmetrisch eingezogen, so da� der Halbkreis gegen�ber dem hochrechteckigen Schriftfeld des Steines in Umri� und Rahmung akzentuiert erscheint. Dieses Halbkreisfeld dient alsbald der Darstellung der verschiedenen Symbole. Es kann als Kreissegment oder als gestelzter Halbkreis erscheinen.
Diese oben rund ausgeformten Grabsteine wurden h�ufig als die "romanischen elt es sich um schlichte, archetypische Formenbez�ge. Der Halbkreis ist das Abbild des Himmels �ber uns. Diese Form des Grabsteins verbindet den im Erdreich liegenden Toten mit dem Himmel, in dem sein Gott wohnt. Sie ist Ausdruck einer Endzeithoffnung.
Zwar bleibt die Grundform des Grabsteins bis weit in das 19. Jahrhundert hinein allgemein verbreitet, doch k�nnen auch hier bei der k�nstlerischen Gestaltung die zeittypischen Str�mungen festgehalten werden. Die noch im 16. Jahrhundert in knappem bildhauerischen Relief im Gegensatz zur Schrift erhabenen Grabsymbole der Juden wurden im 18. Jahrhundert in der Vielfalt der Motive erweitert. Es tritt der L�we hinzu, eine Anspielung auf Juda, den Vater des wichtigsten israelitischen Stammes, den Jakob als L�we geschaut hatte. Jetzt wird die Krone als Zeichen des guten Namens dessen, zu dessen Haupt und Ehre der Stein aufgestellt wurde, von einem gegen�bersitzenden, aufgerichteten L�wenpaar getragen. Es symbolisiert die Glaubensst�rke.
Der zun�chst knappe Rahmen ist bei gleichbleibender Grundform des Steines die einzige Ansatzm�glichkeit einer k�nstlerisch-bildhauerischen Gestaltung. Im 18. Jahrhundert ist es das zeitgen�ssische Rocaillewerk mit plastischen Voluntenformen, das einen reliefierenden Rahmenschmuck bildet. Zum Ende des Jahrhunderts treten plastisch reliefierende Fruchtgeh�nge auf. Rocaillewerk, Volunten und Fruchgeh�nge sind Formen, die auch in der christlichen und profanen Kunst weite Anwendung finden.
Schon vereinzelt im 17. Jahrhundert, dann aber mit stark zunehmender Tendenz werden die archetypischen Inschriftsteine st�rker bildhauerisch dekoriert. Die seitlichen Rahmenb�nder werden als Pilaster oder als S�ulen gestaltet, die Bogenfelder mit bildnerischem Schmuck, mit symbolischen Ornamenten gebildet. Am Anfang des 19. Jahrhunderts werden die j�dischen wie die christlichen Grabsteine wieder spartanisch einfach. Diese Tendenz entspricht dem zeitgen�ssischen Stil, dem Klassizismus, der sich gegen alles Barocke, gegen die durch �ppigkeit verwilderten Formen wendet. Die R�ckbesinnung auf die Urform der Kunst bringt den Archetyp des j�dischen Grabsteins wieder st�rker zum Vorschein: den Inschriftenstein mit dem eingezogenen Rundbogen als oberen Abschlu� und Bekr�nung.
Die Emanzipationsbestrebungen in der zweiten H�lfte des 19. Jahrhunderts fanden auch in der Grabmalskunst einen unmittelbaren Ausdruck. Viele der aus dieser Zeit erhaltenen Grabsteine zeigen eine mehr oder weniger den christlichen Steinen angepa�te Form. Sie erhielten vor allem in den St�dten die denkmalhaften eben und die antikisierende oder gotisierende Stele mit entsprechenden Verdachungsprofilen aus der christlichen Tradition.
Da den Juden die handwerklichen Berufe erst im 19. Jahrhundert ge�ffnet wurden, mu�ten sie �ber Jahrhunderte ihre Grabsteine meist bei nichtj�dischen, christlichen Steinmetzen anfertigen lassen. Der Auftraggeber hatte daf�r zu sorgen, da� die Verbote seines Glaubens und die W�nsche seiner V�ter genau beachtet wurden. Deshalb ist die Kunst, wenn sie zur Anwendung kam, stilistisch identisch mit der allgemeinen Kunst. Sie ist nur dem Inhalte nach anders als die christliche Kunst.
Es ist jedoch nicht die Kunst, die den Denkmalschutz f�r die Friedh�fe begr�ndet, sondern die besondere Kultur, die religi�s begr�ndete Sitte, die in jedem Friedhof anschaubar und erlebbar wird.
7. Die Grabinschriften
Die auf j�dischen Friedh�fen erhaltenen Grabsteine sprechen zu uns, doch bleibt den meisten Betrachtern ihr Reden unverst�ndlich. Es gen�gt nicht, die Hemmnisse der hebr�ischen Schrift und Sprache zu �berwinden. Die hebr�ische Epigrafik (Inschriftenkunde) hat ein eigenes System von idiomatischen Ausdr�cken und Abk�rzungen gepr�gt, die erst entschl�sselt werden m�ssen.
Die Grabsteine m�ssen Inschriften tragen. Es k�nnen knappe oder ausgiebig Berichtende und Preisende sein. Alles was �ber die notwendigen pers�nlichen Daten und Angaben hinausgeht, stammt aus biblischen und fr�hnachbiblischen Vorlagen. Auch waren die Inschriften nicht immer hebr�isch abgefa�t, sondern griechisch oder lateinisch. Erst seit dem 8./9. Jahrhundert setzte sich das Hebr�ische wieder durch und blieb f�r gut 1000 Jahre in ganz Europa vorherrschend. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an verlor es in Deutschland rasch an Boden.
Der hebr�ische Text der Grabsteine weist ein relativ einheitliches Grundschema auf. Die Inschrift beginnt meist mit der Abk�rzung "pej nunpej tetdies ist ein Mal zu H�upten Zeuge sei dieser Steinhaufen, ein Zeuge sei dieses Steinmal geliebt und gut in ihrem Leben, sind sie im Tode nicht getrennt
Nach der Einleitung folgt die Eulogie, ein Lob- und Segensspruch, in den allermeisten F�llen ohne konkrete Daten aus dem Leben der Einzelnen. Das Lob bezieht sich auf den sozialen und religi�sen Bereich. �u�ere Erfolge treten dann in Erscheinung, wenn sie Auswirkungen auf die Toragelehrsamkeit, Wohlt�tigkeit und Gastfreundschaft haben.
Wurde der Name nicht gleich zu Beginn genannt, so folgt er jetzt: Name, Vatersname, bei verheirateten Frauen dazu der Name des Ehemannes, m�glicherweise erg�nzt durch den b�rgerlichen Namen in hebr�ischer Schreibweise. Daran schlie�t sich das Todes- und Begr�bnisdatum an. Die Inschrift endet mit dem Segensspruch: "Ihre/seine Seele sei eingebunden in den Bund des LebensUnd wenn sich ein Mensch erheben wird, dich zu verfolgen und dir nach dem Leben zu trachten, so soll das Leben meines Herrn eingebunden sein im B�ndlein der Lebendigen bei dem Herrn, deinem Gott, aber das Leben deiner Feinde soll er fortschleudern mit der Schleuder.", wiedergegeben durch die Anfangsbuchstaben der f�nf hebr�ischen W�rter (T.N.Z.B.H. = Tehi Nafscho Zeruah Bizior Hachaijm). Das Grundschema kann vielf�ltig variiert oder erg�nzt werden. Vor allem kann es verschieden mit Text gef�llt werden: beschr�nkt auf die g�ngigen Formeln oder neu zusammengesetzt aus biblischen Zitaten und nachbiblischen Anspielungen aus der Tradition.
Die Grabinschriften aus dem Mittelalter und der Renaissance enthalten in der Regel folgende Angaben: Den Namen des Verstorbenen und gew�hnlich auch den seines Vaters, eventuell auch seine Zugeh�rigkeit zum Priestergeschlecht der Kohanim (Kohen pl. Kohanim) oder zum Levitenstamme (Levi pl. Leviim).
Das gilt nicht f�r Frauen, bei denen die Zugeh�rigkeit zu einem Stamm oder Geschlecht nicht verzeichnet wurde. Ferner findet man bei M�nnern den Titel des Verstorbenen und gegebenenfalls auch seines Vaters, z.B. Rabbi, der Gelehrte, der Vornehme usw.
Im weiteren Text finden sich lobende Epitheta und bei hervorragenden Pers�nlichkeiten Aufz�hlungen der �mter, die sie bekleideten und ihre Verdienste um die Gemeinde. Bei Gelehrten und bekannten Rabbinern werden ihre Schriften angef�hrt. Den Abschlu� des Epitaphs bilden im allgemeinen Segnungen und W�nsche, die sich auf das Leben nach dem Tod beziehen.
Ein wichtiger Bestandteil jeder Inschrift ist das Datum, das sich bei den �lteren Texten am Ende befindet. Von der zweiten H�lfte des 16. Jahrhunderts an wird zuweilen das Datum an erster Stelle angef�hrt, was sp�ter, vom 17. Jahrhundert an, zur Regel wird. Diese Angaben bilden allerdings nur die Grundlage des Textes, der sich erweitert und mit Vergleichen und Bildern bereichert wird, so da� man die Grabinschriften als eine eigene Gattung der hebr�ischen Poesie betrachten darf. Das Datum besteht aus der Jahreszahl, dem Namen des Monats, der Angabe des Tages im Monat und �fters auch der Angabe des Wochentages. F�r die Wochentage hat das Hebr�ische keine eigenen Namen. Sie werden mit Ordnungszahlen benannt. Der Sonntag ist der Erste Tag, "Jom Rishon" der Samstag der siebente Tag, der "Schabbat Ein vollst�ndig angef�hrtes Datum lautet zum Beispiel: den vierten Tag der Woche (Mittwoch), den 2. Nissan des Jahres 303 (nach der kleinen Z�hlung).
Charakteristisch f�r die Grabinschriften sind die Segensspr�che f�r das Fortleben der Seele nach dem Tode. Am h�ufigsten begegnen wir der Formel: "Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens" Diese Abk�rzung findet sich vielfach auch dann auf den Grabsteinen, wenn der Text nicht auf hebr�isch geschrieben ist. Nur selten werden sie voll ausgeschrieben. Gelegentlich finden sich auch andere Formulierungen: "Mit allen Seelen der Reinen sei seine Seele eingebunden im Bunde des Lebens bei dem Herrn, dem Gott des Himmels" "Seiner Seele sei gedacht in der kommenden Welt Seine Seele erwerbe(?) sich das Leben in Ewigkeit"_ Aus all diesen Segensspr�chen spricht der feste Glaube an die Fortdauer des Lebens nach dem Tode. �ltere Inschriften auf den Gr�bern von M�rtyrern hingegen rufen oft nach Rache. "Der Herr r�che sein Blut! Der Herr der Vergeltung r�che es an ihnen!"
Ausdr�cke wie "Tod Sterben er ging fort er begab sich fort" Es finden sich auch Formulierungen wie "er ward hingenommen ... und er ward eingesammelt zu seinem Volk" H�ufig wird der Tod aufgefa�t, als sei die Seele irgendwohin fortgegangen: "Seine Seele ging von dannen in Heiligkeit und Reinheit" Poetischer ausgedr�ckt: "Ihre Seelen stiegen empor in die Wohnsitze der H�hen". "Seine Seele kehrte zur�ck zum Herrn".
Den gr��ten Raum auf den alten Inschriften nimmt die Lobpreisung der guten Eigenschaften und Werke des Verstorbenen ein. Unterschiedlich sind jedoch die Eigenschaften, die man bei Frauen und M�nnern hochsch�tze. Bei den M�nnern hob man Treue, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit hervor - vor allem im Handel - wie auch Bescheidenheit und Zuverl�ssigkeit. Neben den Charaktereigenschaften wurden auch Vorz�ge des Intellekts ger�hmt: Weisheit, Einsicht, Bedachtsamkeit, Klugheit und Beredsamkeit. In vielen Redewendungen spiegelt sich auch das Verh�ltnis des Verstorbenen zu seinen N�chsten wider ("Er war ein Mann des Friedens". Das �u�ere wird nur ganz selten erw�hnt."
Die Inschriften der Frauen loben vor allem die guten Eigenschaften der Verstorbenen. Sie wird als "z�chtig" "w�rdig" "rechtschaffen" "rein" "zuverl�ssig hold Die Liebliche Die Sch�ne" Seltener wertet man die geistigen F�higkeiten. Im Verh�ltnis zu den Mitmenschen wird in erster Linie Ehrlichkeit und Redlichkeit gepriesen. "
Im religi�sen Bereich sprechen die Inschriften der Frauen wie der M�nner von Fr�mmigkeit, Gottesfurcht, Innigkeit der Gebete und dem h�ufigen Besuch der Synagoge.
8. Inschriften im deutschen Sprachbereich
Die im deutschen Sprachbereich erhaltenen j�dischen Grabsteine tragen vom fr�hen Mittelalter an hebr�ische Inschriften. Schon auf den �ltesten uns bekannten Steinen finden sich Formeln und Lobspr�che, die bis in die Gegenwart hinein verwendet werden. Neben dieser hebr�ischen Eulogie, dem Lob der Verstorbenen, treten im Laufe des 19. Jahrhunderts auch deutschsprachige Angaben hinzu: Name und Lebensdaten nach der christlichen Zeitrechnung. Diese Daten wandern allm�hlich von der R�ckseite des Steines, wo sie zun�chst zu finden sind, nach vorne unten und dr�ngen, oft durch Sinnspr�che und Verse erweitert, das Hebr�ische immer mehr zur�ck, bis es v�llig verschwindet oder nur in Formeln �berlebt.
Das Hebr�ische verschwand, weil es kaum noch jemand richtig zu lesen und zu sch�tzen vermochte. Es rettete sich in standardisierte Abk�rzungen f�r das obenstehende "Hier ist begraben".
F�r einen sehr begrenzten Zeitraum, etwa kurz vor der Mitte des 19. Jahrhunderts, werden beide Seiten der Steine gleichrangig benutzt. Die alten ehrw�rdigen Wendungen und Lobpreisungen werden auch in deutscher Sprache zum Ausdruck gebracht. Auf den ersten Blick scheinen die Inschriften identisch zu sein. Doch der deutsche Text wiederholt nicht einfach den hebr�ischen, sondern er dr�ckt ihn auch anders aus. Die hebr�ischen S�tze sind h�ufig aus Bibelzitaten zusammengestellt. In den deutschen Texten werden die biblischen Redewendungen dem Zeitgeschmack angeglichen. Die "t�chtige Frau biedere Frau Gazelle der Anmut pr�gt, als von dem, womit sich Geist und Seele �ber Jahrhunderte befa�t haben.
Diese Zweisprachigkeit erforderte eine gewisse geistige und sprachliche M�he. Hinzu kam der materielle Aufwand. Dies war sicherlich nicht f�r jeden Verstorbenen von den Hinterbliebenen zu leisten gewesen.
Der �bergang vom Hebr�ischen zum Deutschen ging nicht in allen Gebieten und Gemeinden zeitgleich vor sich. Es gab zeitliche Verschiebungen von Region zu Region, von Ort zu Ort und von Familie zu Familie. Zugleich unternahm man den Versuch, die traditionell-j�dischen Inhalte der Inschrift ins Deutsche zu �bertragen. Dieser Versuch wurde bald aufgegeben. An die Stelle der urspr�nglichen Formulierungen traten die in der christlichen Umwelt �blichen Attribute: Verwandtschaftsbeziehungen, Gef�hle der Hinterbliebenen, berufliche Stellung. Au�erdem wurden Tod, Trauer, Trost, Lob und Klage immer privater und damit nicht mehr Gegenstand �ffentlicher Inschriften. Eine Ausnahme machten dabei nur einige orthodoxe, d.h. "gesetzestreue
Diese Reduzierung der Inschrift auf die reinen pers�nlichen Daten w�re den Juden des Mittelalters und der fr�hen Neuzeit v�llig unverst�ndlich gewesen. F�r sie bestand der Sinn eines Grabsteins darin, Identit�t durch die Erinnerung an den Bestatteten in seiner Abfolge der Geschlechter zu erhalten. Der v�llige Verzicht auf mehr als die Nennung nur eines Namens war unvorstellbar. Das Judentum sei, so hat man gesagt, die "Religion des guten Ged�chtnisses" und es ist daher verst�ndlich, wenn es Wert darauf legt, seine Grabst�tten so lange als irgend m�glich zu erhalten und wirklich jedem und jeder Toten ein Denkmal aus Stein setzen zu lassen - auch Ausdruck der Kostbarkeit des einzelnen Lebens und der Lebenskraft einer kleinen und bedr�ngten Minderheit.
Vom Mittelalter bis in die Neuzeit wurde bei allen regionalen und chronologischen Unterschieden erstaunlich kontinuierlich formuliert, so das sich gewisse Grundmuster gleichen. Es gibt einen Formel- und Zitatenschatz, der sich als festes Ger�st bew�hrt hat. Hinzu tritt die Freiheit des Formulierens, Variierens und Kombinierens.
9. Der Aufbau einer Inschrift
Nach dem Hinweis auf den Ort, das Grab, den Stein folgt die Angabe, ob es sich bei dem Begrabenen um eine Frau oder einen Mann handelt. Es folgt dann die Eulogie, die Lobrede, die unterschiedlich lang und ausf�hrlich sein mag. Sie kann sich auf zwei Worte beschr�nken, kann aber ebenso zehn Zeilen lang sein. Wenn auch die Lobreden f�r herausragende Frauen nicht ganz so lang ausfallen wie f�r solche M�nner, so kommen die Frauen insgesamt nicht zu kurz. Nach der Eulogie folgt die namentliche Nennung des Verstorbenen. Frauen werden �ber die V�ter, und wenn verheiratet, �ber ihre Gatten bestimmt, bei den M�nnern wird nur der Name des Vaters angegeben. Da fast allen Toten, und nicht nur den angesehensten in der Gemeinde, Grabsteine gesetzt wurden, l��t sich aus den Inschriften der Steine eines Friedhofs h�ufig die Zusammengeh�rigkeit wieder rekonstruieren. Doppelgr�ber f�r Mann und Frau bzw. Familiengruften werden erst seit dem 18. Jahrhundert h�ufiger. Die Beif�gung der V�ter- resp. Gattennamen war wichtig in einer Zeit, da die Juden noch keine Familiennamen trugen. Diese wurden in Preu�en erst nach 1808 gesetzlich vorgeschrieben. Mit dem Aufkommen von deutschen Inschriften f�llt die Definition �ber den Namen des Vaters fort. Es wird neben dem Vornamen der Familienname genannt.
Die noch bekannte christlich-b�rgerliche Sitte zu schreiben: Frau August Meier, geb. Gans findet sich selbst bei sehr stark assimilierten Juden nur selten, zumindest wird der Vorname beim urspr�nglichen Familienname mitgenannt: Frau Salomon Windm�ller, Egline geb. Oster.
Zweisprachige Inschriften auf den Steinen geben gerade bei Frauen oftmals einen kleinen Einblick in die Privatsph�re. In der hebr�ischen Inschrift findet sich im Text die h�uslich-famili�re Ruf- oder Koseform des Namens, w�hrend in den deutschen Inschriften sich stets der korrekte offizielle Namen findet.
Nach der Nennung des Namens wird das Todesdatum eingef�gt. Es ist altj�discher Brauch, die Toten so schnell wie m�glich zu bestatten. Man wollte m�gliche Gefahren durch die Verwesung, vor allem in hei�en Klimazonen, vermeiden, machte es aber auch wegen der Ehre der Verstorbenen, die ein "�bernachtenlassen
Das Datum des Todes ist in der hebr�ischen Inschrift selbstverst�ndlich ganz nach dem j�dischen Kalender geschrieben. Eine Nennung des Geburtsdatums war fr�her nicht �blich. Mit der allm�hlichen Verbreitung einer deutschen Inschrift auf den Steinen wird wie selbstverst�ndlich das b�rgerliche Datum verwendet, wobei auch das Geburtsdatum genannt wird.
Das Schema der Inschrift schlie�t auf jeden Fall mit einer Segensformel ab, die kurz oder lang ausfallen kann. Von vielen im Mittelalter �blichen Varianten, ist nur eine, die schon erw�hnte, �brig geblieben: "Ihre/seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens
�ber die Jahrhunderte hinweg sind die Inschriften keineswegs immer gleich geblieben. Sie haben sich in ihrem Stil den Zeitl�ufen angepa�t, waren knapper und n�chterner im Mittelalter als im wort- und ruhmesreichen Barock und nahmen mit Beginn des 19. Jahrhunderts an L�nge und Formulierungskunst wieder ab. Bei aller Formelhaftigkeit dringt aber immer wieder die ganz pers�nliche Trauer, die Liebe und das Lob auf den Verstorbenen durch die Texte hindurch.
Die Friedh�fe in Westfalen und am benachbarten Niederrhein verf�gen nicht �ber die F�lle und Vielfalt kunstvoller Inschriften wie die alten Zentren j�discher Gelehrsamkeit und Fr�mmigkeit in Osteuropa. Doch findet sich auch hier viel Interessantes und Beachtenswertes; und Geschichten k�nnten sie alle erz�hlen.
Die Formel:
Dies ist der Gedenkstein von...
Dieses Mal zu H�upten...Hier ist begraben (verborgen)...
eine angesehene,..., Frau...
ein gottesf�rchtiger,..., Mann...(es folgt die Lobrede)
Es ist Herr/Frau...
Name..., Tochter des Herrn..., Gattin des Herrn... oder Gattin des..., Tochter des.../der... Name..., Sohn des Herrn...
Er/Sie ging hin in seine/ihre Welt (Ewigkeit) am...
Er/Sie starb am...
Gestorben und begraben am...Hier ist verborgen
Der Toragelehrte Herr Jizchak,
Sohn des Toragelehrten Schlomo Zvi Hakohen
Geboren am Ausgang des Schabbat, dem Zweiten Tag Neujahr 571
Eingegangen in seine Ewigkeit am 4. Tag Mittwoch, dem Vorabend des
Neujahrs 646 und Begraben am 1.Tag Sonntag
Guten Lohn hat sein Wirken und Hoffnung gibt es f�r seinen J�ngsten Tag
Wohlt�tig war er, Grossz�gigen HERZENS, seiner Seele zum Verdienst
Gutes vergalt er seiner Gef�hrtin, der Gerechten, der Gattin seines Bundes
Die Versammlung seiner Gemeinde und der Stadt seines Wohnsitzes leitet er in rat und Weisheit
Einen Namen, Besser als S�hne und T�chter, erwarb er sich zur
Ehre seines Sch�pfers
Dem Lehrer-Seminar zu K�ln stiftete er segen aus seinem Verm�gen
mit seiner Kehle ehrte er den Herrn in Ch�ren mit Lauterer und Reiner Zunge
Fr�h und sp�t am jedem Tag setzte er zeiten fest zum Studium der Lehre
Die Krone der Tora, des priestertums und des guten namens waren
auf seinem haupte in wohlgefallen stets verbunden
die lieblichkeit seines Wohltuns stehe uns bei in alle ewigkeit
seine seele sei eingebunden in das b�ndel des LebensHier ist verborgen
die angesehene und fromme frau, frau esther, tochter des herrn
jehuda hakohen, gattin des toragelehrten Herrn jizchak hakohen
sie stieg auf zur h�he am 17.schewat 654
gattin eines kohen, zierde IHRES gatten - hoffnung gibt es f�r ihren j�ngsten tag
es trauerten und klagten die vor�bergehenden: wir alle haben mit ihrem
verlust verloren
alle tage des lebens erwies sie dem gatten ihrer jugend gutes
hungrige s�ttigte sie mit brot, verbitterte erquickte sie mit dem
honig ihrer worte
sie wu�te ihrem sch�pfer wohlgef�llig zu sein mit ihrem gebet morgens
wie abends nach brauch und sitte
das haar ihres hauptes verbarg sie z�chtig, dass es sich nicht
beim ausgehen zeigte
goldgeschmeide und silberreif stiftete sie, um die s�ulen der tora zu st�tzen
geschlecht um geschlecht soll ihre taten loben, ihr lob werde mit
lauter zunge verk�ndet
sie errichtete sich zeichen und namen in den toren, von der halacha
ausgezeichnet
als kohenet geboren, ward sie einem kohen zugef�hrt, darum auch sind ihre h�nde zum segen ausgebreitet
siehe ebenso wird sie gesegnet sein und ihr verdienst auf alle
ewigkeit bestehen
die lieblichkeit des ewigen erschaue sie und tue uns allen f�rsprache in den
himmelsh�hen
ihre seele sei eingebunden in das b�ndel des lebens
10. Die Symbole
Auf den Grabsteinen j�discher Friedh�fe findet sich eine Vielzahl von Symbolen. Insbesondere zeichnen sich die Begr�bnispl�tze des osteurop�ischen Judentums durch ihre reiche Bilderwelt aus. Im deutschsprachigen Raum sind die Darstellungen weniger variantenreich. Doch gibt es eine Reihe von Zeichen und Symbole, die im gesamten Judentum verbreitet sind. Die j�dische Religion verbietet die Abbildung menschlicher Gestalten, sie sind daher auf Grabsteinen nur sehr selten zu sehen. Als Ornamente finden sich h�ufig Pflanzenmotive, Tiere, mit dem Kult oder dem Beruf des Verstorbenen verbundene Gegenst�nde und auch allgemeine Symbole des Todes wie sinkende Schiffe, verl�schende Fackeln, abgeknickte Blumen, abgebrochene B�ume oder S�ulen. Viele dieser letztgenannten Zeichen finden sich auch auf christlichen Friedh�fen, wurden von dort im Rahmen der Emanzipation und der Assimilierung �bernommen. Sie entstammen oft der antiken Vorstellungswelt und wurden durch den Klassizismus allgemein beliebt. Da die Frauen keine allgemeinen Aufgaben im religi�s-rituellen Bereich wahrnehmen durften und auch keine Berufe aus�bten, finden sich auf ihren Steinen keine funktional bezogenen Symbole, mit Ausnahme des Leuchters als Hinweis auf die Schabbatlichter, die von der Frau entz�ndet werden. Diese Darstellung ist jedoch weitgehend auf Osteuropa begrenzt.
Die rein j�dischen Symbole und Ornamente nehmen Bezug auf Herkunft und Funktion der Verstorbenen. Zeichen, die sich eher auf Verg�nglichkeit, Leid, Tod oder auch das Leben beziehen, finden auf Grabsteinen weniger Verwendung. Die Welt dieser Symbole und Ornamente ist von der der klassizistischen ganz verschieden. Alles bleibt auf das Leben der Verstorbenen bezogen, mehr oder weniger individuell. Die im christlich-b�rgerlichen Bereich einsetzende R�ckbesinnung auf das Erbe der Antike brachte bei der Symbolik einen einschneidenden Wandel. Viele dieser Symbole sind universeller Art, das Leben, den Tod allgemein darstellend: Ehrenkr�nze, Sanduhren, Genien, nach unten zum Verl�schen gerichtete Fackeln, Efeuranken, Urnen, Schmetterlinge, gebrochene S�ulen.
Das Zeichen der Priestergr�ber sind die segnenden H�nde mit den gespreizten Fingern, bei denen Daumen und Zeigefinger sich ber�hren. Genau genommen handelt es sich bei den Bestatteten nicht um Priester, sondern um Nachkommen der Priesterschaft aus der Zeit des Tempels (die Zugeh�rigkeit ist erkennbar an Namen wie Kohn, Kahn, Katz etc.). Mit erhobenen H�nden segnen die Kohanim die Gemeinde mit dem "aronitischen Segen. Es segne dich der Ewige und beh�te dich, es lasse der Ewige sein Antlitz dir leuchten und gebe dir Gunst, es wende der Ewige sein Antlitz dir zu und gebe dir Frieden ... und sie sollen meinen Namen auf die Kinder Israels legen, und ich werde sie segnen.", einstmals t�glich im Tempel, heute beschr�nkt auf Festtage und feierliche Anl�sse. Doch seit der Zerst�rung des Tempels �ben sie keine weiteren kultischen Handlungen mehr aus. "
Die Gr�ber der Leviten, der Priestergehilfen, werden durch einen Krug bzw. eine Kanne, die Levitenkanne, symbolisiert. Die Leviten hatten im Tempel u.a. Reinigungsaufgaben wahrzunehmen. Ihre Nachkommen tragen oft Familiennamen wie Levi, Lewin, L�we, L�wenthal o.�. Die Kanne, auch in Verbindung mit einer Wasserschale, wird in verschiedenen Varianten dargestellt.
Der Davidstern, ein altes Symbol, das aus verschiedenen Kulturen bekannt ist, diente seit alters her als magisches Zeichen. Im Mittelalter nahm die Prager Gemeinde den Stern als Zeichen in ihr Wappen auf. Seit dem 18. Jahrhundert wird er zu dem Symbol des Judentums und kennzeichnet fortan viele Grabsteine.
Die abgeknickte Blume oder der Baumstumpf sind auch im Judentum Symbole f�r die Endlichkeit des Lebens; oft auch ein Zeichen daf�r, da� der Verstorbene aus der Bl�te seines Lebens gerissen wurde. Diese Symbole finden sich auch auf christlichen Friedh�fen, von denen sie wohl �bernommen wurden.
Die Rabbiner oder Lehrer werden mit einem Buch als die Schriftgelehrten gekennzeichnet. Hin und wieder findet sich dieses Symbol auch bei Kantoren.
Den Schreiber der Tora kennzeichnet eine Hand, die den G�nsekiel h�lt, aber auch B�cher.
Die Krone ist das Zeichen der Tora. Die Torarolle in der Synagoge ist entweder mit zwei kleinen oder einer gro�en Krone geschm�ckt. Die Krone kann aber auch das Oberhaupt einer Familie bezeichnen. H�ufig wurde sicherlich an einen Vers aus den Spr�chen der V�ter gedacht: "Drei Kronen k�nnen den Menschen zieren: die Krone der Tora, des Priestertums, des K�nigtums, aber die des guten Namens �berragt alle drei
Ein Messer auf dem Stein zeigt an, da� der Verstorbene das ehrenvolle Amt des Mohels, des Beschneiders innehatte. Manchmal ist auch eine Hand zu sehen, die das Messer h�lt.
Die Rose ist kein rein j�disches Zeichen. Sie findet sich sehr viel auch auf christlichen Grabsteinen. H�ufig markiert sie das Grab eines fr�h verstorbenen M�dchens. Die Rose spielt in ihrer symbolischen Bedeutung eine besondere Rolle. Sie ist auch eines der h�ufigsten Motive auf vielen Gegenst�nden j�discher Ritualkunst wie Chanukka- und Schabbatleuchter.
Das Grab einer Frau schm�ckte man oft mit einem Leuchter, denn es geh�rt zu den Aufgaben der Frau, die Schabbatlichter zu entz�nden. Auf vielen osteurop�ischen Friedh�fen hatten die Frauen wie in den Synagogen eigene Bereiche. Bei einem Mann dachte man sicherlich an den Vers: "Eine Leuchte Gottes ist die Seele des Menschen
Der Schmetterling gilt als Zeichen der Verg�nglichkeit, des fl�chtigen Lebens, symbolisiert aber auch die Unverg�nglichkeit, die Verwandlung zu einem neuen Leben. Von seinem Ursprung her ein antik-hellenistisches Symbol, wurde es im sp�ten 18. Jahrhundert wieder beliebter. Der Schmetterling als Sinnbild der Psyche symbolisiert die in verschiedenen Metamorphosen best�ndige "unsterbliche
Der Mann, dessen Grabstein mit einem Schofarhorn geschm�ckt ist, blies zu Neujahr und zum Vers�hnungsfest das Schofar. Es ist eine schwierige Aufgabe, zugleich aber eine gro�e Ehre.
Zwei schn�belnde Tauben gelten als Zeichen inniger Liebe.
Das Tier steht h�ufig f�r die Versinnbildlichung des Vor- bzw. des Familiennamens der Verstorbenen. Der L�we ist das Namenszeichen f�r Ari und Loeb (Leib), der Hirsch f�r Zwi und Hersch, der B�r f�r Dow und Ber und die Taube f�r Jona.
Der Weinstock oder die Weinreben symbolisieren ein erfolgreiches Leben des Verstorbenen.
Ein in der j�dischen Kunst h�ufig anzutreffendes Motiv, die "Tafeln des Bundes" die Doppeltafeln, die f�r die Zehn Gebote stehen, sind allerdings auf Friedh�fen selten zu finden. Sie sind urspr�nglich ein Element der christlichen Kunst des Mittelalters. Im Christentum ist der Gedanke beliebt, die "Gebote alter Bund" Judentum). Man sieht hier jedoch, wie christlicher Einflu� und der Wunsch, auf die Allgemeing�ltigkeit dessen zu verweisen, was das Judentum der Welt gegeben hat, die "Tafeln des Bundes
Es lie�en sich weitere Symbole auff�hren, die z.T. nur eine enge regionale Verbreitung gefunden haben wie die Sanduhr auf den Grabsteinen von Amsterdamer Juden. Die Friedh�fe des b�rgerlichen deutschen Judentums, vor allem in den gr��eren St�dten, zeigen von der Mitte des 19. Jahrhunderts an vielfach die gleichen Motive wie auf christlichen Friedh�fen. Die urspr�nglich j�dische Grabmalskunst ist dadurch weitgehend aufgehoben worden.
Auf j�dischen Friedh�fen selten anzutreffen sind vollplastische Darstellungen, zumal von Menschen. Sie sind im religi�sen Bereich selbst bei reformerischen und assimilierten Kreisen des 19. Jahrhunderts eine Ausnahme. Erste Auseinandersetzungen, ob es erlaubt sei ein Bild oder eine Fotografie des Verstorbenen am Grab anzubringen gab es bereits im 19. Jahrhundert. Die liberalere Auslegung hatte keine Probleme mit ihrer Zustimmung, da das Bild nur dazu diene, das Ged�chtnis des Toten lebendig zu halten.
Die Gro�plastik bleibt jedoch auf j�dischen Friedh�fen stets etwas au�ergew�hnliches, sieht man einmal von so weltst�dtischen Friedh�fen wie Wien oder Budapest ab. Doch finden sich auch auf wenigen Friedh�fen Nordrhein-Westfalens eindrucksvolle plastische Darstellungen. Auf dem Friedhof zu M�nster findet sich ein auch auf christlichen Friedh�fen verbreitetes, der industriellen Produktion entstammendes Motiv: eine junge Frau, die sich auf eine gebrochene S�ule aufst�tzt. Die Friedh�fe in D�sseldorf, Dortmund und Krefeld weisen dagegen einige individuelle Auftragsarbeiten auf. Bekannte K�nstler wie der Dortmunder Benno Elkan (1877-1960) und Leopold Fleischhacker haben dort ihre Spuren hinterlassen.
11. Auswahl-Literatur zu j�dischen Friedh�fen
![]() |
Die Bibel. Nach der �bersetzung Martin Luthers, Stuttgart 1992 (Bibeltext in der revidierten Fassung von 1984. |
![]() |
Bernhard Brilling, Der �lteste mittelalterliche j�dische Grabstein Westfalens /in:/ Westfalen 44, 1966, S. 212-217. |
![]() |
Michael Brocke, Hartmut Mirbach, Grenzsteine j�dischen Lebens. Auf j�dischen Friedh�fen am Niederrhein, Duisburg 1988. |
![]() |
Die vierundzwanzig B�cher der Heiligen Schrift. �bersetzt von Leopold Zunz, Basel 1980 (deutsch-j�dische �bersetzung). |
![]() |
Der Davidstern. Zeichen der Schmach - Symbol der Hoffnung, hrsg. von Wolf Stegemann und S. Johanna Eichmann, Dorsten 1991. |
![]() |
Eva Grulms, Bernd Kleibl, J�dische Friedh�fe in Nordhessen. Bestand und Sicherung, Kassel 1984. |
![]() |
Westfalia Judaica. Quellen und Regesten zur Geschichte der Juden in Westfalen und Lippe. Bd. I: 1005-1350, hrsg. von Bernhard Brilling und Helmut Richtering, 2. Aufl. mit Nachtr�gen von Diethard Aschoff, M�nster 1992. |
![]() |
Monika Krajewska, Zeit der Steine. Einf�hrung: Anna Kamienska, Warschau 1982. |
![]() |
Die Prager Judenstadt, Hanau 1990. |
![]() |
Peter Melcher, Weissensee. Ein Friedhof als Spiegelbild j�discher Geschichte in Berlin, Berlin 1987. |
![]() |
Ruth R�cher, Tod, Bestattung und Trauer im Judentum /in:/ Klaus Dietermann, Johanna Morgenstern-Wulff, Die j�dischen Friedh�fe im Kreis Siegen-Wittgenstein, Siegen 1991. |
![]() |
Hartmut Stratmann, G�nter Birkmann, J�dische Friedh�fe in Westfalen und Lippe, D�sseldorf 1987. |
![]() |
Alfred Udo Theobald (hrsg.), Der j�dische Friedhof. Zeuge der Geschichte - Zeugnis der Kultur, Karlsruhe 1984. |
![]() |
... ein Zeuge sei dieses Steinmal. J�dische Friedh�fe in Velbert. Eine Dokumentation, Velbert (o.J.) |