August H. Danz

 

 

Der sakrale Schutz im r�mischen Rechtsverkehr. Beitr�ge zur Geschichte der Entwickelung des Rechts bei den R�mern,
Jena (Mauke) 1857 - [Fragmente]

 

 

Inhalt:

 

Einletung

1.1. Die Entstehung formaler Rechtsgesch�fte 1
2.2. Der Schutz rechtlicher Verh�ltnisse 6
3.3. Rechtsgesch�fte mir sacraler Form 11

 

Capitel 1. Der promissorische Eid im Allgemeinen

1.A. Die �u�ere Erscheinung und Form desselben im �ltester Zeit 13
1.B. Die Einzelnen Theile des iusiurandum conceptis verbis 13
2.1. Die precatio 19
3.2. Praeire verbis. Exigere und adigere iusiurandum 24
4.3. Deos testes facere 33
4.4. Die ira deorum und ihre Folgen
5.a. F�r den, welchen eidlich versprochen war 47
6.b. Die Folgen des Eidesbruches f�r den Schw�renden 62
7.5. Die Form des Verfahrens 76
8.6. Die expiatio

 

Capitel 2. Die sponsio

1. Allgemeine Vorbemerkungen 102
2.1. Res divinae interpositae 105
3.2. Der Eid an der ara maxima 112
4.3. Foedus und sponsio 116

 

 

Capitel 3. Die promissio

1.1. Die Fides und ihr Cultus nach Dionys 127
2.2. Der Fidescultus nach Livius 131
3.3. Die Wirkung des neuen Cultus. Das promittere 133
4.4. Jusiurandum, sponsio, promissio und votum 142

 

Capitel 4. Sacramento agere

1.1. Das sacramento agere nach Festus 151
1.2. Die legis actio sacramento nach Gajus
2.a. Einleitung 137
3.b. Der Gang des Verfahrens im Allgemeinen 158
4.c. Sacramento provocare 163
5.d. D vel L aeris sacramentum 170
6.e. Welche von beiden Parteien leistet zuerst das sacramentum 175
6.f. Die �lteste Form des sacramentum provocare im Einzelnen 179
6.3. Einzelne Acte nach der provocatio sacramento
7.a. Das fernere Verfahren beim res repetere 190
7.b. Das fernere Verfahren im Civilprocesse
8.a. Die litis contestatio 201
9.b. Praedes litis et vindiciarum 218

 

Capitel 5. Die Umwandlung des sacralen Schutzes

1.1. Die Ursachen 222
2.2. Die verborum obligatio 236

 

 

 

 

 

[1] Auch die �ltesten uns bekannten Gesetze der R�mer setzen die Formen der Rechtsgesch�fte nicht fest, sondern setzen sie woraus und best�tigen nur deren Wirkung.

Erst als der Sinn und die Urspr�ngliche Bedeutung sich aus dem Bewu�tsein des Volkes verloren haben, beschreiben die Juristen der [2] sp�teren Zeit den Hergang und die Weise, wie man, aber nirgends erw�hnen sie, warum man so und nichts anders verfahren m�sse.

Und doch lag es so nahe, namentlich bei Formen, die von ihren selbst als „imagin�re"bezeichnet werden, sich auf irgend eine �u�er positive Bestimmung zu berufen aus der sich die Notwendigkeit ihrer fortw�hrenden Anwendung erkl�re. Die Formen des rechtlichen Verkehrs in den fr�hesten Anf�ngen eines Staates sind, wie man auch jetzt wohl einstimmig anerkennt, nicht willk�rlich gesetzt.

[3] ... gilt f�r die �ltere Zeit bei jedem rechtlichen Verkehr der entgegengesetzte Satz: nicht was die Parteien wollen, ist unter ihrem Recht, sondern was sie als ihren Willen auszusprechen. Diesen Grundsatz und dieses Wesen des ius strictum hat Kierulff vortrefflich pr�cisirt. „Das ius strictum herrscht, ... wenn der Wille fixirt ist an [4] seine �u�erliche Erscheinung, wenn die Wirksamkeit der rechtlichen Disposition gebunden sein soll an die Uebereinstimmung des den richterlichen Beurtheilung vorliegenden Factum mit dem buchst�blichen Inhalt der Norm. ...

Nach diesem Grundsatz versteht sich bei dem Willen, der einer der Beurtheilung unterworfen werden soll, nichts von selbst, denn das nur implicite Gewollte, nur erst durch Schlu�folge zu erkennende, ist f�r die Beurtheilung �berhaupt gar nicht vorhanden. Jeder einzelne Teil eines Willens mu� besonders ausgesprochen werden, gleichwie ob durch Worte oder durch die das Wort ersetzenden Symbole. Und jene von Cicero [5] verspottete Weitl�ufigkeit ist nichts, als das in seine einzelnsten Bestandtheile zerlegte Wollen.

Also sinnliche Erkennbarkeit des Willens in allen seinen m�glichen Richtungen ist der �lteste und n�chste Zweck jeder Form der Gesch�fte und das Wort das n�chstliegende Mittel, diesen Zweck zu erreichen. Nur wo die Sprache nicht ausreicht oder der Gedanke auf anderem Wege k�rzer und bezeichnender durch eine symbolische Handlung ausgedr�ckt werden kann, tritt das Symbol aushelfend neben das Wort. Je m�chtiger aber ein Volk des Wortes wird, um so mehr tritt auch das Symbol im Rechtsverkehre zur�ck.

[6] Ueberall, so im �ffentlichen, wie im Privatrechte der R�mer, tritt der Gedanke hervor, da� Alles, was eine dauernde Wirkung haben soll, irgend einem besondern Schutze anheim gestellt werden mu�. Einen Schutz allen gegen�ber k�nnen aber nur die gemeinsamen G�tter oder das eigene Volk gew�hren. und man kann, jenachdem die eine oder andere Macht ihren Schutz verleiht, von sacralem oder von civilem Schutze reden. Sacraler und civiler Schutz kann aber auf zweifache Weise gew�hrt werden. ...

Denken wir um zur�ck in die fr�hesten Anf�nge der Staatenbildung, so wird �berall der Gedanke hervortreten, da� der Einzelne Schutz im Staate sucht gegen die Gewalt Vieler oder eines Einzelnen. Und der Staat gen�gt in solchen [7] Anf�ngen der Staatenbildung dieser Aufgabe vollst�ndig, wenn er die Gewalt von den einzelnen Personen und Verh�ltnissen nur abwehrt. ...

Alles, was im Gemeinwesen der Art, dessen letzter Zweck nur Abwehr der Gewalt ist, zum Schutze verletzter Verh�ltnisse leisten kann, wird in nichts Anderem bestehen k�nnen, als den Verletzten nicht zu wehren, selbst vorzuschreiten, um das verletzte Verh�ltnis wiederherzustellen, d.h. das, was nach dem Willen der Gesamtheit eigentlich sein sollte, mit eigenen Kr�ften factisch herzustellen oder mindestens auszugleichen. Die ganze Scala des unter solchen Voraussetzungen denkbaren Schutzes kann daher hier nicht in dem gr��eren oder geringeren Umfange der Activit�t des Staats und seiner Organe zur H�lfe des Verletzten bestehen, sondern umgekehrt nur in der gr��eren der geringeren Passivit�t des Staates in seinem Schutze des Verletzenden.

F�r den Grundgedanken dieser Art des Staatsschutzes ist es v�llig gleichg�ltig, unter welchen Voraussetzungen und unter welchen Firmen es dem Verletzen gestattet wird, diese Gewalt anzuwenden. Es kann sich der Staat passiv verhalten, wenn der Verletzte Gewalt aus�bt, um sich zu r�chen, wie bei der Talion, dem alten Auge um Auge, Zahn um Zahn, und dem partes secare des �berschuldeten Schuldners. Es kann sich auch passiv verhalten der Gewalt gegen�ber, die zum Zwecke der Selbsth�lfe [8] ausge�bt wird, wie beim pignus capere und der manus iniectio.

Dieser d�rftigen und rohen Art des Staatschutzes steht eine zweite gegen�ber, der (=Staat) es nicht mehr gen�gt, das Unrecht nur abzuwehren, und des geshehenen Aufhebung nur nicht zu hindern, sondern die sich zur Aufgabe setzt, selbst das Unrecht zu beseitigen und das Recht zu realisieren. ... Der Staat bedarf jetzt und erzeugt sich die Organe, durch die er den factischen Zustand, activ eingreifend, herbeif�hrt, der dem Willen des Berechtigten oder Verletzten als entsprechend angesehen wird.

Man kann der K�rze wegen vielleicht nicht unpassend diese beiden so wesentlich verschiedenen Arten des Staatsschutzes bezeichnen durch die Ausdr�ck „negativen und positiven Schutz" ...

[10] sp�ter sich dieser negative Schutz

[13] Geht man bei der Untersuchung ... von den oben (S.4ff.) ausgesprochenen Grunds�tzen aus, so w�rde die �lteste Formel des Eides zugleich auch die absolut vollst�ndige sein m�ssen, da der Wille nicht weiter wirkt, als er �lteste Eidesformular anerkannte, nun auch theilweise erhalten. Er ist die� das iusiurandum per Iovem lapidem, dessen Ritual Apuleius [de deo Socr. 5: Iurabo per Iovem lapidem, Romam vetustissimo ritu] f�r das �lteste u. dessen Wirkung Gellius [1,21: Iovem lapidem, quod sanctissimum iusiurandum est habitum, sum paratus iurare] f�r die st�rkste erkl�rt.

Das Formular selbst findet sich bei Polybius [3,25]: [14]

In den Excerpten des Paulus Diaconus [s.v. lapidem silicem] dagegen ist als Formular ... folgendes angegeben ...

Jedes solenne promissorische iusiurandum, d.h. jedes iusiurandum conceptis verbis besteht aus zwei Haupttheilen, von denen der eine sich wieder in zwei verschiedene zerlegen l��t.

... 1) aus dem in verba concipirten Stoff (dem Inhalte der Zusage), der durch den Eid im engeren Sinne seine Wirksamkeit erhalten soll, ich will ihn der K�rze wegen das promissum nennen und 2) aus dem technisch precatio genannten eigentlich eidlichen Theil, der bei einem vollst�ndig formulierten [15] Eide wieder zerf�llt a) in das iusiurandum im engeren Sinne (dii me adiuvent) und b) in die exsecratio (adversorum precatio s. deprecatio).

Da� in dem Formular bei Polybius u. Paulus Diacon das promissum fehlt, ist leicht erkl�rlich, da Beide eben nur das Formular des Eides im engeren Sinne, das Formular der precatio, geben wollen. Allein auch die precatio ist in beiden Formulare nicht vollst�ndig. Bei Polybius de�halb nicht, weil die exsecratio nicht an eine bestimmte Gottheit gerichtet ist; bei Paulus nicht, weil bei seinem Formular das iusiurandum im engeren Sinne, das „si fidem servassso me dii adiuvent" fehlt.

Ebenso weichen aber auch Beide r�cksichtlich des Inhalts und der Form der exsecratio von einander ab. ...

Jene Aufz�hlung der einzelnen staatlichen und religi�sen Kreise, aus deren der Eidbr�chige ausgesto�en sein will, im Gegensatze zu der ganz allgemeinen Aeu�erung „ne bonis eiiciat" deutet schon in ihrer Umst�ndlichkeit und Sorgsamkeit, nicht unausgesprochen zu lassen, auf das h�here Alter des Formulars bei Polybios. Dagegen ist wieder nicht zu leugnen, da� das „salva urbe arceque" nicht minder eine alterth�mliche F�rbung hat. Ob nun das �lteste [16] Formular in seiner Vollst�ndigkeit beides verenigt habe, wie etwa: salva urbe arceque salvisque ceteris omnibus etc. Nach Analogie der Formel in der alten Kriegserkl�rung „populus priscorum Latinorum hominesque prisci Latini" oder ob das eine Formular �lter, das andere j�nger sei, wird schwerlich zu entscheiden sein. Was uns zun�chst allein interessiert, ist die bei Polybius sich findende Aufz�hlung aller der Kreise, aus welchen der Schw�rende versto�en sein will, wenn er sciens fallet.

[17] Alles dies findet sich aber schwerlich nur bei dem iusiurandum conceptis verbis s. solemne iusiurandum. Denn �berall, wo ein promissorischer Eid als eigentlich bindend hervorgehoben werden soll, wird das „iurare conceptis verbis" erw�hnt. Nur der Eid aber ist wirklich in verba concipirt, bei welchem promissum und precatio w�rtlich und bestimmt ausgesprochen wird.

Man sieht, da� hier das Wesen der concepta verba darein gesetzt ist, da� Wort und Wille sich vollst�ndig decken und auch die Wirkung nicht weiter reicht, als wie weit der Wille eben ausgesprochen ist. Nur wenn conceptis verbis geschworen war, hatte der Eid auch gewisse �u�ere Wirkungen, indem nur der Bruch eines formulirten Eides ein periurium im technischen Sinne des Wortes war.

Vom rein sittlichen Standpunkte stehen L�gner, Meineidiger und Eidesbr�chiger sich v�llig gleich. Auch in den Augen der G�tter ist zu Cicero’s Zeit der mendax nicht weniger strafbar als der periurus. Allein au�erhalb des blos sittlichen Gebietes [18] scheiden sich mendax und periurus. Aber mendax ist hierbei nicht der einfache L�gner, sondern auch der, welcher sein Wort unfeierlich durch einen Schwur, nur nicht durch einen in verba concipirten, noch au�erdem betheuert. Wo die L�ge keine �u�eren Wirkungen nach sich zieht, da treten auch keine Folgen ein, wenn diese L�ge durch unformulirten Eid betheuert war; und wo das einfache initiari schon Nachtheile hervorbrachte, werden diese durch eine angef�gte formlose Betheuerung nicht schwerer. Es ist daher kein periurium im eigentlichen Sinne, wenn jemand selbst wissentlich falsch Etwas bei den G�ttern betheuert, wenn diese Betheuerung nicht in verba concipirt ist und eben so wenig ist der im Sinne der R�mer ein Eidbr�chiger, der eine eidliche, aber nicht in verba concipirte Zusage unerf�llt l��t.

Nur der ist im eigentlichen Sinne periurus, welcher sciens und zwar sciens einen formulirten Eid gebrochen, wie Cicero die� noch ausdr�cklich f�r seine Zeit hervorhebt.

... [19] Der spezifisch eidliche Theil eines eidlichen Versprechens ist im vorigen Paragraphen mit dem von den R�mern selbst daf�r gebrauchten Ausdr�cke als die precatio bezeichnet worden. Unter precatio verstehen sie im Allgemeinen jedwedes Anrufen der G�tter zu H�lfe und Schutz, ohne R�cksicht auf die Art und Weise, wie beides gew�hrt wird. Es ist eben so gut precatio, wenn die G�tter um g�nstigen Ausgang eines Unternehmens gebeten, als wenn sie aufgefordert werden, den zu strafen, der gegen ihren Willen handelt. Es umfa�t also dieser Ausdruck „Bitte" und „Verw�nschung" zugleich oder wie Lasaulx es ann�hernd ausdr�ckt: [20] „Der Eid ist ein mit einem Fluche verbundenes Gebet". Der Ausdruck precatio selbst kann aber eben so gut beides zusammen, als auch nur das eine oder das andere bedeuten. So findet sich das Wort als blo�e Bitte um H�lfe und Schutz z.B. bei Cic., pro Mur. 1; Serv., Aen. 7,176.

In der zweiten Bedeutung dagegen, als Bitte um Bestrafung des Widersp�nstigen, tritt uns der Ausdruck in anderen Stellen entgegen, so bei Liv. 9,5, 9,11, 21,45.

Alle diese Formen der solennen precatio waren in den libris sacerdotum populi Romani mit ihrem ganzen Ritual verzeichnet, obgleich die R�mer auch beide Richtungen der [21] precatio beim promissorischen Eide in dem Ausdrucke precatio zusammenfassen, so sind ihnen dennoch beide so als verschiedene bewu�t, .... So hie� der Theil der precatio, welcher speciell die Bitte um H�lfe, um iurare, enthielt „iusiurandum", dagegen der andere die Bitte in sich schlie�ende, den Widersp�nstigen zu strafen, „exsecratio".

[22] Beide Eigenschaften vereinigt, die des helfenden und schadenden Jupiter, wie der Gott so recht eigentlich mit seiner Macht beim Eide eintritt, mag man sich vielleicht unter dem Jupiter Jurarius gedacht haben, dessen Name und Existenz mir erst durch Prellers Citat einer auf der Tiberinsel gefundenen Inschrift bekannt worden ist: C.Volcaci c.f. har. De stipe Jovi iurario ... ominentum. ...

Die precatio mu� aber um wieder auf diese zur�ckkommen, auch die allgemein erforderliche Eigenschaft der Unzweideutigkeit und Vollst�ndigkeit haben, wenn sie die in ihr gesuchte Wirkung haben soll. Cf. Serv., Aen. 7,120. ...

[23] So bei dem alten iusiurandum per Jovem lapidem wird nicht allein der Gott genannt, ... der seine vis nocendi, sondern auch genau die Gegenst�nde aufgez�hlt, an denen er sie aus�ben soll. Es z�hlt der Schw�rende genau und namentlich die Kreise auf, aus deren Schutz und Theilnahme er versto�en seyn will, wenn er sciens fefellerit. Er will excidere aus seiner patria „seinen leges, penates sacra und sepulchra; und in ganz �hnlicher Weise formulirt noch Scipio die exsecratio in ihren einzelnen Theilen, wenn er schw�rt: Si sciens ... etc.

Selbst noch Trajan l��t sich herbei, stehend an den vor ihm sitzenden Consul, einen solennen Eid in �ltester Weise mit folgender exsecratio abzuleisten. ... Ebenso lautet im Wesentlichen der Eid der B�rger bei Dionys

[24] Obgleich n�mlich das propitiare und exsecrare zusammen in ihr (= d.h. precatio) enthalten war, so war es doch dem religi�sen Sinne der R�mer angemessen, boni ominis causa die ganze precatio nach ihrem g�nstigen Theile „iusiurandum", gewisserma�en a priori, zu nennen. Und als sich die solenne Formel des Eides im Laufe der Zeit mehr und mehr abgeschw�cht hatte und zum einfachen „Mecastor" und „Mehercules" zusammengeschrumpft war, nannte man auch dieses Minimum einer Eidesformel immer noch iusiurandum. Ob dies Gebet (d.h. als Eid) erh�rt wird, ob nicht, und inwieweit es den G�ttern genehm ist, dem damit verbundenen Fluche Folge zu geben, wer wollte die� erme�en? ...

[25] Soll der Eid dagegen eine wirkliche Verpflichtung erzeugen, deren Erf�llung n�thiges Falls auch in einer oder der andern Weise erzwungen werden kann, so wird nach r�mischer Auffassung vor Allem n�thig sein, da� der zu Verpflichtende in v�llig inzweifelhafter Weise den Willen des ihn verpflichten Wollenden erkenne, und ebenso Ersterer wieder seinen Willen, sich so verbindlich zu machen, in gleich zweifelloser Weise ausspreche ... Es ist der Act, der beim Eide sowohl als bei andern Gesch�ften, von der Handlung des zuk�nftigen Berechtigten aus, durch „praeire verbis" bezeichnet wird, aber h�ufig auch implicite das Nachsagen der verba mitumfa�t.

Man ist gewohnt, dem Vor- und Nachsagen bei einem Uebereinkommen schon an sich, ohne da� irgend etwas Weiteres hinzukommt, eine bestimmte Wirkung beizulegen. ... da� man in �ffentlichen , sacralen und privaten Verh�ltnissen regelm��ig schon dadurch wirksam verpflichtet worden sei, da� man auf eine bestimmt vorgelegte m�ndliche Frage in unzweifelhafter Weise m�ndlich seine Einwilligung erkl�rt habe. ... Das „praeire verbis" ist, wie schon das Wort ergiebt, jedes w�rtliche Vorsagen, dessen Zweck auf das w�rtliche Nachsagen gerichtet ist. ...

[26] da� �berhaupt nur der ausgesprochenen Wille als Wille f�r die Beurtheilung durch Dritte existiert ... Wenn also irgend eine Leistung, gleichwie welcher Art durch vorausgegangene Frage und darauf erfolgte Antwort blos zugesagt ist, wie: centum dabis? Centum dabo, so folgt daraus an sich nur, da� centum versprochen sind, und weiter nichts. ...

Und ich mu� hierin Dernburg v�llig beistimmen, wenn er sagt: „Will ein Schuldner seinen Gl�ubiger auch ein rechtliches Zwangsmittel einr�umen, so bedarf es regelm��ig dazu einer besonderen Form! ..."

[27] Man sieht also schon aus diesen allgemeinen Gr�nden, da� Dogma von der besondern Wirkung m�ndlicher Frage und m�ndlicher Antwort f�r die �lteste Zeit auf die v�llig unerweisbare Voraussetzung basirt ist, da� w�rtliche Zusage auf w�rtliche Anfrage ein Versprechen zum erzwingbaren gemacht habe, w�hrend es an sich dadurch nur zum beiderseitig bewu�ten wurde. Noch zweifelhafter wird aber diese Annahme , wenn man bedenkt, da� in fr�hester Zeit neben dem rechtlichen Schutze auch ein sacraler bestand. ...

[28] Das praeire verbis oder praire verba enth�lt �berall sowohl beim Eide, als dem Votum nicht allein das w�rtliche Vorsagen der zu beschw�renden Zusage, sondern auch die Eidesformel, die eigentliche precatio. Es ist die Formel f�r den Inhalt des Versprechens und f�r die testatio deorum, und hat allein den Zweck, den auf beides gerichteten Willen unzweifelhaft herauszustellen. ...

Da� man den Willen des Gl�ubigen erkennen k�nne, dazu war n�thig, da� er verbis praeit, wie bei Plautus Labrar um den Willen des Gripus zu erkennen, nicht einfach eine Erkl�rung desselben, sondern ein praeire verbis, ein w�rtlich formulirtes [29] Vorsagen des Willens in dem „Praei verbis quid vis" ... verlangt. Wo praeunte aliquo geschworen ist, ist der Schw�rende eidlich einer bestimmten Person verpflichtet, daher glauben die Soldaten nur dadurch sich von ihrem Milit�reide entbinden zu k�nnen, da� sie den aus dem Wege r�umen, in dessen verba sie geschworen haben, d.h. den, qui praevit verbis, der ihr Versprechen acceptirte. Es wird daher regelm��ig hervorgehoben, in dessen verba geschworen wurde, d.h. wenn eidlich versprochen sei, ob praeeunte pontifice oder, was dasselbe bezeichnet, apud consulem, apud censorem etc.

Wer sich einen Anderen durch Eid verbinden will, „exigit" oder „adigit iusiurandum". Und beide Worte unterscheiden sich nur dadurch, da� demjenigen, der nur zum exigere berechtigt ist, auch der Eid verweigert werden kann. So werden bei v�lkerrechtlichen Vertr�gen, die eidlich best�rkt werden sollen, Gesandte abgeschickt, um sich den Eid leisten zu lassen, um „exigere iusiurandum".

[30] Adigere iusiurandum wird dagegen technisch - obgleich es auch zuweilen mit exigere gleich gebraucht wird, - von dem gesagt, der einen Eid selbst wider den Willen dessen, an den die Aufforderung gerichtet ist und meist kraft seines Amtes verlangen kann. In dessen Willk�hr liegt es, wie er die verba des Eides und Versprechens concipiren will. Der den Eid Adigirende spricht dann die Eidesformel entweder selbst vor oder l��t sie auf seinem Befehl vorsprechen. In diesem Sinne ist daher iusiurandum adigere und iusiurandum recitare identisch.

Wer einen redigirten Eid zu schw�ren sich weigert, den trifft ein Nachtheil, gleichwohl welcher Art, sei es eine Mulct, sei es, da� der gew�hlte Beamte, den den obigen adigirten Eid verweigert, nicht renuntiirt wird, oder was sonst f�r ein Nachtheil daran rechtlich verkn�pft ist.

Wenn aber, wenn auch in verba concipirt, ein Eid war concipirt von Einem, der hierzu nicht berechtigt war, der war seines Eides ledig oder war, richtiger gesagt, nie an den Eid gebunden gewesen. In diesem Sinne belehrt Virginius bei Dionys die Soldaten, welche an den Milit�reid sich gebunden halten und deshalb sich fahnenpflichtig werden wollen. (Griech. ... uzupelnic), da� der Eid gesetzlich gel�st sei, den ein ungesetzlich gew�hlter Feldherr aufgelegt habe. Aber ebenso kann auch nur der, welchem der Eid geleistet war, von der Erf�llung des Eides entbinden, iurisiurandi gratiam facere.

Wenn Lasaulx annimmt, da� in �ltester Zeit auch die pontifices und die censores die Macht gehabt h�tten, von der Erf�llung eines Eides zu entbinden, so m�chte die� f�r die �lteste Zeit weder nachweisbar noch glaubhaft sein. Denn in den Quellen findet sich, wenigstens meines Wissens, nichts, was darauf hinwiese und aus der Natur des promissorischen Eides d�rfte sich aber das Gegentheil ergeben. Das „iusiurandi gratiam facere" ist �berhaupt wohl kaum ein eigentliches Entbinden vom Eide zu nennen, obgleich ich es selbst der K�rze halber so bezeichnet habe. ...

[32] Denn eines Theils k�nnen gewisse Personen bei gewiisen Gottheiten �berhaupt nicht schw�ren, wie z.B. die Freuen beim Hercules, anderes Theils w�rde, wo eine expiatio n�thig oder zul�ssig ist, diese unsicher und unzutreffend werden.

Fassen wir ... zusammen, so erfordert also das promissorische iusiurandum conceptis verbis zu seinem vollen Bestande auch noch:

von Seiten des Acceptanten ein praeire verbis und

von Seiten des Promittenten ein w�rtlich genaues Nachsagen der vorgesprochenen Worte.

Nur wo das letztere v�llig unthunlich war, gen�gte, wenigstens sicher in sp�terer Zeit, das einfache „iuro" oder „idem in me" (sc. iuro), wie bei Eiden, die in Masse geschworen werden mu�ten. So w�hlen nach vollendetem dilectus die tribuni militum der Legionen einen aus, der ihnen der passendste schient, und dieser allein schw�rt Wort f�r Wort den vorgesprochenen Eid nach, w�hrend die �brigens einzeln vortretend nur schw�ren, da� die dasselbe thun wollen, wie Jener, der zuerst geschworen.

[33] Damit der so zusammengesetzte und formulirte Eid aber auch eine bestimmte Wirkung erhalte, ist etwas Weiteres unerl��lich. Es mu� diese in verba concipirte Formel in eine bestimmte Beziehung zu den G�ttern gefa�t werden, an die sie gerichtet ist. Das Mittel, da� zu erreichen, ist das „teos testes facere s. testari deos". Denn wo geschworen werden soll, mu� man testari deos. Der Gott, der als testis angerufen wird, wird aufgefordert zum Anh�ren des Versprechens und der damit in Verbindung gefa�ten precatio, mit dem ausdr�cklichen Anruf: Audi Jupiter; audite dii; Venus ut tu audias etc. Es gen�gt aber bei der �ltesten Form des Schwures noch nicht, da� der Gott zum H�ren aufgefordert war. Der uralte Eid beim Jupiter mu�te auch unter freiem Himmel abgeleistet werden, der Gott des lichten Tages, der uralte Diioviis, soll offenbar den unter seinem Lichte vorgenommennen Act auch sehen und in diesem Sinne, damit die Venus als testirter testis auch sehe, wem versprochen werde, fordert Gripus, da� ihn der Schuldner Labrar bei den Worten: „huic Gripo" auch anfasse (me tangito) . Ist so vor den Ohren und Augen des [34] Gottes dann der Eid geleistet, so gilt der Gott als testatus, als testis.

... Der ganze Act .. man den Gott zum Ohren und Augenzeugen eines Vorganges machte. (dieselbe) aber bei den testes Quirites. ...

... da� Volk Ohren- und Augenzeuge bei dem vor ihm testirten Vorgange war, ... so ging man darauf, aus, in dem „testis" etwas Weiteres und Anderes zu suchen, als einen Zeugen im gew�hnlichen Sinne des Wortes. Man ging dabei, ... von der Meinung aus, da� die Folge der sinnlichen Wahrnehmung keine weitere sein k�nne, als die M�glichkeit und, unter Umst�nden, auch die Verpflichtung �ber das sinnlich Wahrgenommenne auszusagen. Ganz in dem Sinne, in welchem Isidorus sogar den Namen der testes davon herleitet, da� sie super statum causae proferebantur, und an einer anderen Stelle in dem Aussagen �ber sinnlich Wahrgenommenen ihre einzige Funktion sieht. Es liegt auf der Hand [35], da� die G�tter in diesem Sinne unm�glich zu testes aufgerufen worden sein k�nnen, da es v�llig absurd w�re, bei ihnen ein dicere quod viderunt oder an ein proferre, quod audierunt auch nur zu denken. Ebenso Recht wird man aber auch Ihering geben m�ssen, wenn er es mehr als unerkl�rlich findet, da� man zum blo�en Zwecke der Constatirung einer Thatsache das gesamte Volk als Zeugen zugezogen h�tte.

... [vielleicht] f�r das Wort testis noch eine zweite, hier passendere, Bedeutung anzunehmen. ... Man wird [36] [leider] hiernach zugeben m�ssen, da� man in gr��erer �bereinstimmung mit dem Wortlaute unserer Quellen sein w�rde, wenn man testis in seiner gew�hnlichen Bedeutung auch bei den sog. Solennit�tszeugen zulassen k�nnte, als wenn man ... f�r welche wenigstens unmittelbar sich keine Anhaltspunkt findet. Ich glaube, auf einem anderen Wege l��t sich die� erreichen.

...[37] Wir werden daher ... in dem Worte testis ... immer und �berall dieselbe: die des sinnlich Wahrnehmenden [= also mehr passiv als activ].

[38] Nach unserer Ansicht bleibt der gew�hnliche Begrii des testis auch bei dem sog. Solennit�tszeugen. Aber wir sagen, es wirkt anders, wenn blos Gaius oder Titus einen Vorgang wahrnehmen, und wieder anders, wenn ihn die G�tter oder das gesamte Volk sinnlich wahrnehmen. Wir haben es aber hier nun nicht mit dem testari populium oder Quirites zu thun (wie z.B. bei Gelegenheit des testamentum calatis comitiis), sondern zun�chst nur mit dem testari deos und den dii testes.

... Welche Wirkung hatte es nun f�r die handelnden, da� ihre Handlung vor den Ohren und Augen der G�tter vorgenommen war? ... Leben und Verkehr der �ltesten Zeit sieht, wie sch�n erw�hnt, unmittelbar und in weitester Ausdehnung unter Schutz und Obhut der G�tter. Was besteht und schon lange bestand, das steht unzweifelhaft im Schutze der G�tter, ob aber die G�tter auch ein erst sich bildendes, erst entstehen folgendes Verh�ltnis �berhaupt als ein rechtes und ihres Schutzes w�rdiges ansehen werden, ist ungewi�. Es ist daher ganz konsequent, da� jedem Gesch�fte und jeder Unternehmung erst Auspizien vorhergehen, um der G�tter Billigung oder Mi�billigung zu erkennen. Aus den Auspizien ist dann zu ersehen, ob die G�tter [40] g�nzliche Unterlassung oder nur Aufschub wollen. Steht nun durch g�nstige Auspicien fest, da� den G�ttern die vorzunehmende Handlung genehm ist, so ist damit zugleich auch von ihnen erkl�rt, da� sie das erst entstehen sollende Verh�ltnis unter ihren Schutz und ihre Obhut nehmen werden und das da�, was sp�ter unter ihren Augen und vor ihren Ohren festgesetzt werden wird, iustum pium sei. Wer dagegen handelt, begeht ein impium facinus, nicht aber der, der das im Beisein der zustimmenden G�tter Festgesetzte auch durchsetzt und, im Falle der Noth, selbst mit Gewalt realisieren sucht. Es gen�gt also, da� die dem Vorhaben g�nstig gesinnten G�tter Ohrenzeugen der in verba concipirten Festsetzung gewesen sind (testes facti sunt), um ungef�hrdet die� Festgesetzte in dem w�rtlich bestimmenden Umfange selbst mit Gewalt auch durchzusetzen. Denn die dii sind schon ihrer g�ttlichen Natur gem�� propitii dem, der nur ein iustum ac pium will, und irati dem, der dem iustum ac pium hinderlich ist, wenn sie nur Kenntni� davon haben, [41] da� unter Menschen ein iustum ac pium festgesetzt war. Der zum Zeugen eines Vorgangs gemachte Gott ist daher schon durch sein blo�es Wahrnehmen auch nothwendig Beurtheiler desselben geworden, wie ... Apuleius ausdr�ckt ...

Weil sich eben der Ohren- und Augenzeuge eines innerlichen Urtheils nicht erwehren wird, hei�t er auch geradezu „arbiter", er ist Zuschauer und zugleich Beurtheiler des Geschehen ...

Der Gedanke des testari deos beim promissorischen Eide w�rde demnach sich folgender Ma�en stellen: Ich mache die G�tter zu Ohren= oder Anregungen dieser Festsetzung zwischen mir und einem Andern, damit sie beurtheilen m�gen, wer dieser Satzung gem�� als iustus und pius , oder als iniustus und impius handelt. Dem ersten m�ssen sie als G�tter propitii, dem letzten dagegen irati sein.

[42] Die G�tter m�gen selbst sehen, sagt hier Tullus Hostilius, wer von beiden G�ttern zuerst unrecht handelt, damit sie diesem ihren Segen entzieht. So fordert in der uralten Formel beim res repetere der Fetial dem Jupiter auf, Zeuge zu sein und folgeweis zu beurtheilen, ob der Fetial mit Recht oder Unrecht fordere, um dann in letzterem Falle ihm seinen Schutz zu entziehen: ...

Der Gott h�rt, um was es sich handelt, und wird beurtheilen, was der Festsetzung gem�� nicht blos iustum, sondern auch was pium sei. Denn nur, wenn der Schw�rende fraudassit oder sciens fefellerit, wenn er aus b�sem Vorsatz oder gegen besseres Wissen (sciens prudensque) seinem Eid entgegenhandelt oder spricht, ist im Sinne der alten Zeit deus iratus.

Der endliche und letzte Zweck, we�halb man die G�ter zu Ohrenzeugen beim Eide macht, war also kein anderer, als den Eidbr�chigen ihrem Zorne zu unterwerfen. Aus diesem Grunde finden wir daher auch die Ausdr�cke deos testes facere und deos iratos invocare als gleichbedeutend. [43] So wird der Schwur des Centurio M.Flavoleius bei Livius geradezu bezeichnet durch Schwur „iratos invocare deos".

Bei Dionys namentlich aber ist das „iratos invocare deos" f�r „schw�ren" die bei weitem h�ufigste Bezeichnung.Also die G�tter sehen, durch wessen perfidia id fit; sie sind bei diesem fieri (nunc) testes und, weil sie die� gesehen haben, werden sie ultores werden, denn sie als G�tter k�nnen ohne ira die perfidia und das periurium nicht ansehen. ...

[44] Der einzige Unterschied der testati dii testes und non testati ist nur der, da� es zweifelhaft bleibt: einmal ob die zum H�ren und Sehen nicht aufgeforderten G�tter auch wirklich Zeugen des Vorganges und anwesend bei der Vornahme des Gesch�fts waren; und dann, ob sie im Sinne der dionysischen Stelle auch das gewollte f�r ein recht und gut Gewolltes halten. Wer �ber das Erste sicher sein wollten, der mu�te testari deos, sie besonders anrufen. Wer �ber das Letzte nicht zweifelhaft sein mochte, der stellte Auspicien an.

Man sieht aber wie allm�hlich die� auspicia sumere f�r sich stets wiederholende Gesch�fte �berfl�ssig werden mu�te. Da� die G�tter Gesch�fte bestimmter Art propitii waren, ... dem es ist Jedem bekannt. Ob aber das im Allgemeinen den G�ttern genehme Gesch�fte zum Vortheil oder der nachtheil sein w�rde, das konnte fraglich sein und deshalb mochte der einzelne auspicia captare. In dem ersten Falle sollen die G�tter sich �ber das iustum ac pium, hier aber �ber das utile oder inutile des Gesch�fts �u�ern.

Wer also sicher sein will, da� die ira deorum den treffe, der ihm sein Versprechen nicht h�lt, wird die� erreichen, wenn er sich in Gegenwart der G�tter, diis testibus, versprechen l��t. Um aber ihrer Gegenwart sicher zu sein, m�ssen sie herbeigerufen sein: testis esto; testem te testori; audi. ut tu audias und wie [45] sonst die Formeln lauten m�gen. ...

Zuerst tritt uns entgegen die �ngstlichste Sorgfalt, damit �ber die Subjecte beim Eide kein Zweifel sei. Damit nicht Gripus an eine andere und Labrar wieder an eine andere Schwurgottheit denke, verlangt Gripus, da� Labrar die ara Veneris, bei der sie stehen, ber�hre, denn bei dieser Venus solle geschworen werden (per Venerem hanc). Allein da� auch die G�ttin nicht �ber die Person, welcher eidlich zugesichert wird, im Zweifel sei, mu� Labrar auch den Gripus anfassen. W�hrend des Schwures h�lt der Schw�rende den Altar der Schwurgotthei, um anzudeuten, da� w�hrend des ganzen Actes ununterbrochen die Gottheit in Anspruch genommen werde, und der [47] Gl�ubiger praeit verbis, d.h. spricht den ganzen Schwur sch�renden Wort f�r Wort vor. Dieser Schwur selbst beginnt aber mit der testatio (testem te testor) und schlie�t mit der exsecratio (si fraudassit, uti te Venus eradicet).

Wem in Gegenwart der ... G�tter eine Zusage gegeben war, und zwar, wie es die �lteste Zeit verlangt, w�rtlich genau ausgesprochen in allen Theilen, so wird, wenn der Zusagende fraudassit oder scciens fefellerit, die unausbleibliche Folge dieses periurii der Zorn des Schwurgottes sein, die ira deorum.

Weil die G�tter dieses Unrecht nicht ersehen k�nnen, werden sie, wie es in der Livianischen Stelle hei�t, Ultores. Aber die erz�rnten G�tter r�chen nicht durch eigene Hand das impium facinus des periurus, sondern durch Menschenhand, der sie gestatten, ohne Furcht vor Unrecht und S�nde, den Act der Vergeltung zu vollziehen. Wo aber selbst Rache erlaubt w�re, ist das minus, die Selbsth�lfe, jedes Fall gestattet und das ulcisci umfa�t offenbar Beides, Rache und Selbsth�lfe [48], Rache am Verbrecher und Selbsth�lfe gegen den Schuldner. So wird sich nach dieser Auffassung die ira deorum �ber das periurium dadurch vollziehen, da� die G�tter dem Verletzten es nicht verwehren, sich selbst zu helfen. Der Gedanke, da� nur auf diese Weise, nur durch fremde Hand, die irati dii ihre ira �u�ern, findet sich w�rtlich ausgesprochen von Livius bei Gelegenheit einer Anklage der Milit�rtribunen. ...

[48] Ebenso handelt bei Dionys die Patricier in diesem Sinne nicht gegen g�ttliches Gebot ... wenn sie sich gegen den Eidbr�chigen selbst helfen und ganz in demselben Sinne ist Aesculap ein efficax ultor contemptae religionis, nicht weil er selbst die Strafe vollzieht, sondern weil er es zul��t, da� der Verletzter seines Heiligthums, Turullius, auf Befehl des C�sar von dessen Soldaten get�dtet wird. ... [d.h.] Aesculap ist also .. der Uebles nicht abweht von dem, dem er z�rnt. Wenn diese ira deorum sich anders �u�ert als durch das blo�e Gew�hrenlassen menschlicher Hand, so ist die� etwas Besonderes, etwas v�llig Au�ergew�hnliches, von dem Livius, als er erz�hlt, es sei Etwas der Art vorgekommen, ausdr�cklich bemerkt, es k�nne die� wahr sein, es k�nne aber auch ... nur apte ad repraesentandam iram deorum f�r den, qui precatus est, ut iras suas in se veterent, keine anderen, als da� die G�tter den s.g. negativen Schutz gew�hren, [49] indem der periurius auf der G�tter Schutz nicht rechnen kann ...

[Liv.5,51].

Wer also diis testibus sich etwas versprechen lie�, d.h. mittelst promissorischen Eides, hat sich dadurch f�r den Fall der Nichterf�llung den Weg zur Selbsth�lfe er�ffnet, das Recht zur sacralen manus iniectio. Denn wie die civile manus iniectio ihre Bedeutung nur in dem Zulassen der Selbsth�lfe hat, so lassen die dii irati ... gegen den impius und iniustus dieselbe Selbsth�lfe bis zur �u�ersten Gr�nze zu; ja selbst der technische Ausdruck des „manus iniicere" findet sich, wenn auch nur �bertragen, f�r diese Executionsform der ira deorum ... Die manus iniectio des ius divinum ist also hier das Zulassen der T�dtung des Halesus telis Evandri.

So w�rde also im Allgemeinen, wie bei der civilen manus iniectio der Schuldner nicht „vim depellere" konnte und durfte, auch der sacral aus dem Schutze der G�tter Gesetzte Gewalt nicht mit Gewalt vertreiben d�rfen. Ihering kommt, von ganz �hnlicher Ansicht [50] ausgehend, zu dem Satze, da�, wer dem Zorn und der Rache der G�tter verfallen sei (also auch der periurus), ein homo sacer geworden w�re, da nach seiner Ansicht die Sacert�t die nothwendige Folge einer jeden That war, die im Geiste der �lteren Auffassung als Verbrecher betrachtet wurde. ...

[Nach Danz] da� aber der periurus nicht sacer wurde, die� l��t sich, wie mir scheint, vollst�ndig nachweisen.

[51] Es ist also Alles [52] vorhanden, was Ihering voraussetzt, ihm anzunehmen, da� der periurus durch seine That homo sacer geworden sein m�sse. Nun findet sich aber folgende Thatsache in unseren Quellen erw�hnt, die mit dieser Auffassung Ihering’s nicht vereinbar sind. Wir finden ... schon in uralter Zeit ein iusiurandum sanctissimum erw�hnt und es ergiebt sich heraus, da� die Wirkungen des Eides und folgeweis auch des Eidesbruches verschieden abgestuffte gewesen sein m�ssen. ... Denn wenn anf�nglich jeder Verbrecher sacer war, zu was da noch durch ein besonderes Plebiscit auf ein besonderes Verbrechen diese Strafe setzen?

 

 

 

[54] Register

addicere 201 (note), 215 (note)
adigere iusiurandum 29
ara maxima 112
auspicia captare 110
bellum indicere 191, 197
clarigare 181
consecrare 77